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Felder, Ekkehard [Hrsg.]; Bär, Jochen A. [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Sprache — Berlin, Heidelberg, 53.2009

DOI Artikel:
Riecke, Jörg: Sprachgeschichte trifft Medizingeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.11275#0120
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Sprachgeschichte trifft Medizingeschichte

Uber die Aufgaben der Sprachgeschichtsschreibung

JORG RIECKE

I. Die Aufgaben der Sprachgeschichtsschreibung

Zu den zentralen Aufgaben der Sprachwissenschaft gehort die Beantwortung
der Frage, welche Rolle die Sprache in einer bestimmten Kultur spielt und
welche Stellung sie bei der Beschreibung dieser Kultur innehat. Gegenstand
der Forschung sind die verschiedenen Einzelsprachen der Welt und ihre je
unterschiedlichen Darstellungs- und Ausdrucksformen. Dies zielt auf die ak-
tuelle Gegenwart einer Sprachgemeinschaft, gleichermaften aber auch auf die
historische Entwicklung einer Sprache, die fur das Verstandnis einer jeden
Gegenwartssprache grundlegend ist. Fur die Sprachgeschichtsschreibung er-
geben sich daraus verschiedene Tatigkeitsfelder, die einerseits autonom sind,
andererseits aber aufeinander aufbauen und zu immer komplexeren Fragestel-
lungen fiihren. Wir unterscheiden zunachst vier Aufgaben:

1. Den Sinn von Texten verstandlich machen.

2. Die Struktur der (in den Texten verwendeten) Sprache verstandlich machen.

3. Die Funktion der Texte und Diskurse sowie der in ihnen verwendeten Spra-
che verstandlich machen.

4. Die Bedeutung der Sprache fur die untersuchte Sprach- und Kulturgemein-
schaft verstandlich machen.

Li Die philologische Aufgabe

Am Beginn der wissenschaftlichen Germanistik um 1800 steht das Bediirfnis,
Texte der Vergangenheit - die zumeist fur die politische Einigung der deut-
schen Lander wirksam gemacht werden sollten - wieder zuganglich und ver-
standlich zu machen. Geschult an den Erfahrungen der schon alteren Disziplin
der klassischen Philologie entstehen Texteditionen, erklarende Wortglossare
und schliefilich die groBen Worterbucher der beiden mittelalterlichen deut-
schen Sprachstadien, des Althochdeutschen und des Mittelhochdeutschen. Das
Interesse richtet sich vor allem auf literarische Texte, deren asthetische Schon-
heit wahlweise als Zeugnis fiir ein beachtliches kulturelles Niveau deutscher
 
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