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Heidelberger Familienblätter — 1862

DOI Kapitel:
Nr. 27 - Nr. 39 (2. März - 30. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43183#0118

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— 114 —

ſchaft all da vorbeidefilirte und nach den einzelnen Quartieren abge-
theilt, jedesmal unter klingendem Spiele und Fahnenſchwenken, eine
Salve abfeuerte.

9. Wachſendes Vertrauen.

Als Kran mit ſeiner Geſellſchaft heimkehrte, fand er zu ſeiner Ueber-
raſchung das Haus mit Gäſten gefüllt. Auf Befragen mußte er erfahren,
daß der Kaiſereinzug, welchem früher eine andere kürzere Richtung be-
ſtimmt worden, durch die Katharinenpforte und an ſeinem Hauſe vor-
über den Weg genommen habe. Lächelnd wollte er ſich gegen Mozart
entſchuldigen, dieſer aber winkte ihm beſchwichtigend mit der Hand:
„Was ich draͤußen in der freien Natur wahrgenommen, hat unſere
Theilnahme weit mehr erregt. Jungfrau Cäcilie wird mir dieſes be-
zeugen?“
Die Aufgeforderte erröthete, nickte flüchtig ihre Zuſtimmung und eilte
dann davon, angeblich ihre Hauskeider anzulegen.
Mozart wollte ſich nun entfernen, allein Kran geſtattete dies nicht.
Er mußte bleiben, und als die vielen Gäſte endlich ſich entfernt, mit Kran
und Cäcilie das Mittagsmahl einnehmen.
Die Unterhaltung bei demſelben geſtaͤltete ſich bald zwanglos und der
von Kran aufgetiſchte vortreffliche Rebenſaft öffnete die Herzen und machte
die Zunge geſprächig. Die Tagesbegebenheiten waren jedoch bald beſei-
tigt und Mozart, in deſſen Erinnerung durch die vertraͤulichen Mitthei-
lungen ſeines Gaſtgebers die ſchönſten Zweige und hoffnungsreichſten
Blüthen hervorſproßten, konnte ſich nicht verſagen, die Tonkunſt wieder
zur Sprache zu bringen und dabei auf das ergiebige Talent Cäciliens
anzuſpielen.
Die Jungfrau horchte hoch auf; doch hatte ſich der Töne Meiſter
bei der Unterhaltung im Wagen ſchon ſo viel Vertrauen erworben, daß
ſie denſelben durchaus nicht ungehalten, vielmehr fragend anſah. Kran
aber wendete den Kopf auf die Seite, blinzte lächelnd und — nickte.
Mozart gewann hierdurch Muth. Zutraulich faßte er Cäciliens
Hand, die ihm dieſe willig überließ, und ihr' treuherzig ins Auge blickend,
ſprach er!:
„Ich weiß mehr, als Sie vielleicht glanben. — Ich habe Sie be-
lauſcht.“ Betreten fuhr Cäcilie zurück, der Redende aber hielt ſie an der
Hand feſt und fuhr gutmüthig fort:
„Mußten Sie auch ſo ſchön ſingen, daß ich, wie Oberon, durch das
Horn gerufen, Ihren Klängen zu folgen gezwungen war?“
Cäcilie lehnte beſcheiden die ihr angedichtete Zauberkraft ab, allein
Mozart blieb bei ſeinen galanten Behauptungen mit den Worten eines
Kenners und Meiſters ſtehen und Kran trat unter ſcherzhaften Bemer-
kungen auf des Letzteren Seite.
„Um mich zu widerlegen,“ nahm hierauf wieder Mozart das Wort,
„dürften Sie mir nur einmal etwas vorſingen. Vielleicht, daß, wenn
ich in der Stube anweſend bin, Ihre Töne dieſen zauberiſchen Feenklang
verlieren.“
Die Jungfrau lächelte. mit ſchl auem Blicke; ſie durchſchaute den Re-
denden. Aber ein zweiter beſorgter flog zu dem Yfiegevater Kran. Dieſer
jedoch nickte. ö ö ö
 
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