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Heidelberger Familienblätter — 1862

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Nr. 27 - Nr. 39 (2. März - 30. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43183#0119

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— 115 —

„Ich habe unſerm Freunde Mittheilung gemacht,“ flüſterte er, „und
dieſer wird unſer Vertrauen mit Verſchwiegenheit lohnen.“

Manche Worte wurden noch gewechſelt, allein das Zutrauen, welches
ſich Mozart bereits bei Cäcilie erworben, ſowie die leicht verzeihliche Ei-
genliebe der Jungfrau, dem großen Meiſter ſeine Melodieen vortragen zu
dürfen, beſiegten endlich alle Bedenklichkeiten. Das ſchön eingerichtere
Dachſtübchen Cäciliens war bald erſtiegen und Kran entfernte ſich mit
dem Bemerken, daß die Stille der Wirthſchaft wohl jetzt eine kleine mu-
ſikaliſche Unterhaltung geſtatte. Wenn er unten Hülfe bedürfe, wolle er
Cäcilie rufen.
Die Jungfrau konnte ſich Anfangs einer gewiſſen Befangenheit doch
nicht entwehren; das gewinnende Weſen ihres Beſuches verſcheuchte in-
deſſen bald dieſelbe und ſie ließ ſich am Klaviere nieder. Mozart aber
ſuchte mittlerweile eifrig in den auf demſelben liegenden Noten und fuhr
freudig auf, als er einen Klavierauszug von ſeiner Oper: Die Hoch-
zeit des Figaro dabei entdeckte.
„Können Sie mir wohl die Arie der Gräfin aus O, DOove 80on
vorſingen?“ fragte er.
„Warum nicht?“ war die lächelnde Entgegnung. „Ich habe ja die
Noten.“
Der Fragende entſchuldigte ſich und bat Cäcilie, ihn ſelbſt die Be-
gleitung übernehmen zu laſſen, was dieſe freundlich willfahrte. Als
ſie jedoch Mozart die Noten vorſtellen wollte, wehrte dieſer das Be-
ginnen zurück.
„Behalten Sie nur ſolche in Ihren lieben Handen, ich weiß mich
in die Klavierbegleitung ſchon hinein zu finden.“ ö
„Wünſchen Sie deutſch, oder italieniſch?“ fragte jetzt Cäcilie.
„Ich habe die Oper,“ verſetzte Mozart, „italieniſch componirt,
und ſo wäre es mir angenehm, die Arie in dieſer Sprache zu hören.“
Cäcilie nickte zuſtimmend und der Meiſter ſchlug den C-dur-Accord
des vorangehenden Recitativs an. Mit reiner und ſicherer Intonation
und gehörigem Ausdrucke trug nun die Jungfrau das Recitativ vor, alſo,
daß ſich Mozart bei den letzten mit Seelenſchmerz ausgeſtoßenen Worten
eines leiſen Beifallsrufes nicht enthalten konnte.
Hatte aber die Sängerin ſchon hierdurch ſein früheres, erlauſchtes
Urtheil beſtätigt, ſo mußte ſein Wohlgefallen an der liebenswürdigen
Jungfrau noch geſteigert werden, als dieſelbe jetzt das folgende Andante
mit vollendet elegiſchem Ausdrucke und das daran ſich reihende Allegro
mit einer Weiſe und einem Glanze vortrug, daß der Begleitende bei dem
Ende der Arie die Sängerin erſt überraſcht anblickte, dann aber derſelben
mit ganz verklärtem Geſichte ſtumm ſeinen Beifall nickte. ö
Cäcilie erröthete; Mozart aber faßte ſich. Er mußte mehr noch
hören, um ſeinen Plan zur Reife zu bringen und auszuführen.
„Für einfachen Geſang recht ſchön, ſprach er daher, ſeine Bewun-
derung dämpfend. „Doch wünſchte ich auch einmal etwas Schwereres
zu hören. Iſt Ihnen die Arie aus meiner Entführung: Martern
aller Ar teu, bekannt?“
Die Gefragte neigte beſcheiden das Haupt. „Sie iſt eine meiner
Lieblingsarien, *verſetzte ſie. „Die ſchönen, herzbewältigenden Weiſen
 
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