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Hampe, Karl [Oth.]
Letztes Korrekturbogen-Exemplar von Kantorowicz mit meinen kritischen Bemerkungen (Manuskripttitel) — Heidelberg, 1926-12-28/​1927-1-29

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https://doi.org/10.11588/diglit.34052#0561
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die hüben und drüben zum Kriegsruf des Abendlands wurde. Um -nichts
andres mehr als allein noch um seinen Leib war blutiger und grausamer
als jemals zuvor der Kampf der christlichen Welt entfesselt, die Fried-
rich diente oder gegen ihn sich erhob. Nie war bisher in christlicher Zeit
ein einzelner Mensch so wichtig genommen wie Friedrich II... als
Wesen, nicht als der Träger des Amtes.
Vieles hatte sich jetzt gewandelt. Jene großen und hohen Ideen, um
die Friedrich II. ehedem die Waffen geführt: Erneuerung des Römer-
imperiums, die Errichtung des Reichs der Justitia, die Weltfriedens-
sendung .. sie klangen wohl noch in Fernen mit wie etwa bei dem späten
Napoleon die Ideen der Revolution und Aufklärung, doch sie waren
nicht mehr das Treibende und waren nur mehr mittelbar zu begreifen
aus der Person dieses Kaisers, der selbst die Weltidee war. Und hätte
Friedrich vielleicht von sich aus allein solche Steigerung nicht zustande
gebracht, so gab die Kurie selbst dem Kampf die wahrhaft ökumenische
Bedeutung: indem sie den ganzen weitgreifenden Organismus der Welt-
kirche in einer grandiosen Einseitigkeit von den eignen Aufgaben ab
ausschließlich gegen den Kaiser hinwandte, machte sie selbst des Stau-
fers Person ins Gigantische wachsen. Denn nicht gegen Kaiser und
Kaisertum focht das Papsttum mit den Kräften aller Länder Europas,
sondern nur gegen Friedrich II., den Staufer, den einen Dämon, in dem
sich das Weltübel kundtat. Nur Einmal sah die Welt noch solchen
Kampf um einen Einzigen, mit dem Aufwand wohl größerer Massen,
doch kaum größerer Kräfte: im Endkampf Napoleons.
Das war die Stufe Friedrichs II., als er seinen neuen Ton aufdröhnen
ließ. Es war Attilas Luft, die ihn umfing und die keiner denn er noch
atmen konnte, und es war Attilas Sendung, die ihm jetzt zuteil ward und
die keiner denn er begriff. Triebhaft gaben ihm die Zeitgenossen die
gleichen Namen wie jenem: „Geißel der Völker“ und „Hammer der
Welt“, und scheu hießen die Seinen jetzt ihren Herrscher nicht mehr nur
den, der über Erde und Meer gebietet und den die Lüfte bejubeln, son-
dern den, „dessen Macht die Berge zerstampfe und beuge“. Furchtbar
litt unter ihm ganz Europa, Freund wie Feind, Italien und Deutschland
besonders, und für die, welche nicht zu ihm beteten und ihm nicht folg-
ten, wurde Friedrich II. jetzt in der Tat zum Inbegriff alles Bösen. Die
Fähigkeit zum „Bösen“ besaß allerdings Friedrich II. wie kaum einer der
Herrscher seines Maßes .. und gewiß kannte keiner so wie er die Lust
auch am Bösen, welche die Kirche als Gegenwelt notwendig von ihm
erzwang. Schon immer war Friedrich II., wo es um den Staat ging, jeder
Grausamkeit, jeder Tücke Gewalt und List, jeden Trugs und jeder Härte,

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