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Hennig, Hilke; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Mitarb.]
Die Grab- und Hortfunde der Urnenfelderkultur aus Ober- und Mittelfranken — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 23: Kallmünz, Opf.: Lassleben, 1970

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https://doi.org/10.11588/diglit.70667#0026
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DIE FUNDSTELLEN, QUELLENWERT UND EIGENHEITEN

Die Verbreitungskarte derzeit bekannter urnen-
felderzeitlicher Fundorte (Abb. 1) in Ober- und
Mittelfranken zeigt, oberflächlich betrachtet, eine
relativ ähnliche Streuung wie eine Karte moder-
ner Siedlungsverhältnisse: Weitaus die Mehrzahl
der Fundplätze liegt in den Tälern der Rednitz,
des Obermains und deren größerer Zuflüsse, in
denen auch heute sich die bedeutendsten und blü-
hendsten Städte befinden. Seit Torbrügge gezeigt
hat, welch verfälschtes Bild eine Karte vorge-
schichtlicher Fundorte jedoch widerspiegeln kann51,
wird man noch vorsichtiger zu prüfen suchen, wie
die Fundverteilung zu erklären ist, und es muß
sofort eingeschränkt werden, daß hier unbeant-
wortet bleibt, ob für die regionale Verteilung des
Fundbestandes mit seiner Konzentration im Red-
nitz-Main-Tal die ursprüngliche Verbreitung oder
die moderne wirtschaftliche Erschließung verant-
wortlich zu machen sind. Für die bronzezeitlichen
Kulturgruppen der benachbarten Oberpfalz kann
dargelegt werden, daß ungefähr drei Viertel aller
bekannt gewordenen Fundplätze obertägig als
prähistorische Fundstellen erkennbar waren und
somit beinahe alle einer geplanten Untersuchung
anheimfielen 52. Von den 263 urnenfelderzeitli-
chen Fundplätzen im Arbeitsgebiet dagegen wur-
den 174, also etwa zwei Drittel, auch wenn man

die Fundstücke unbekannter Herkunft nicht mit
in die Berechnung einbezieht, durch Zufall ent-
deckt. Beinahe immer geschah dies dort, wo star-
ke Eingriffe in den Boden vorgenommen, wo
Sand, Kies und Ton entnommen, wo Straßen an-
gelegt und Baugruben ausgehoben wurden. Ver-
mutlich also deutet der starke Fundanfall in den
heute dicht besiedelten Gebieten nicht nur die
günstigen Siedlungsmöglichkeiten, sondern vor
allem die moderne Wirtschaftstätigkeit an. Im-
merhin aber zeigen eine Reihe von Fundorten
außerhalb der Industrie- und Verkehrszentren,
daß auch heute bewaldete und als Weideland ge-
nützte Höhen des Keupergebietes und des Jura-
zuges dem Menschen der Urnenfelderzeit als Le-
bensraum dienten 53.
Fundareale im Sinne verstärkter Forschungstätig-
keit aber zeichnen sich, dank der meist zufalls-
bedingten Auffindung — abgesehen von der klei-
nen Gruppe der Grabhügel, Höhen- und Höhlen-
siedlungsplätze — kaum ab. Selbst in archäologisch
gut überwachten Landschaften wie etwa im Ans-
bacher oder Bayreuther Raum ist niemals ver-
gleichbar reichhaltiges Material bekannt gewor-
den wie in denkmalpflegerisch kaum besser be-
obachteten Gebieten im Rednitztal.

GRABANLAGEN

Urnenfelder mit Hunderten von Gräbern, wie sie
in benachbarten südbayerischen oder böhmischen
Gebieten oder gar im naheliegenden Kelheim zur

Hochblüte der Urnenfelderzeit bekannt gewor-
den sind54, haben in Ober- und Mittelfranken
wohl nie bestanden. Vielmehr kennt man hier ver-

51) W. Torbrügge, a. a. O. 1959, 20 ff. — Ders., Geographische und historische Fundlandschaften der Ober-
pfalz. Korrektive zum Fundbild der Bronzezeit. Germania 36, 1958, 10 ff. (beinahe wörtlich).

52) W. Torbrügge, Die Bronzezeit in der Oberpfalz (1959), 20 ff.

53) Beredtestes Beispiel aus Mittelfranken sind noch immer die bekannten Grabanlagen von Höfen, Gem. Haag,
die beweisen, daß auf der Alb nicht nur Randhöhen aufgesucht wurden. Schon Reinecke spricht von ei-
nem der „immer noch zu wenig gewürdigten Beispiele der Trugspiegelung vor- und frühgeschichtlichen
Denkmälerstatistik". P. Reinecke, Ein Friedhof der Urnenfelderzeit von der Hochfläche der Frankenalb.
Germania 22, 1938, 231 ff.

54) H. Müller-Karpe, Das Urnenfeld von Kelheim (1952). — Ders., Münchener Urnenfelder. Ein Katalog
(1957). — Ders., Beiträge zur Chronologie der Urnenfelderzeit nördlich und südlich der Alpen (1959),
144 ff. — J. Böhm, Zaklady hallstattske periody v cechäch (Die Grundlagen der Hallstattperiode in Böh-
men) (1937). — J. L. Pic, Die Urnengräber Böhmens (1907). — J. Schranif, Die Vorgeschichte Böhmens und
Mährens (1928).

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