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^8 Die Illu strikte Welt.

sie hakten ihm schon Alles geraubt. Da trat einer der Kerle
nochmals an ihn heran. Sieh, au der Hand, rief er, blitzt
noch ein Ning. Er zog ihn ab und versetzte aus Uebermuth
dem anscheinend Todten noch einen Hieb mit dem Pallasch.
Werners Bewußtsein schwand aufs Neue, und er meinte,
nie wieder zum Leben zu erwachen. Aber bald sandte Gott
ihm Hülfe. Kaum hatte daS Gesindel sich entfernt, als
andere Gestalten auf dem Schlachtfclde erschienen; es wa-
ren fromme Schwestern eines nahen Beguincnklosters, sie
kamen zu retten, zu helfe». Der Mond leuchtete zu ihrem
frommen Werke, wie zu dem gottlosen der Plünderer, sie
untersuchten die Gefallenen, verbanden die Wunden, hüll-
ten die Entkleideten in warme Tücher, und suchte» ihre ent-
fliehenden Lebensgeister zu wecken. Nur dunkel sah Werner,
was mit ihm vorging. Er fühlte, daß er fortgetragen ward,
und blickte um sich nach seinen Kameraden. Die Nonne,
die an seiner Seite ging, verstand die Bewegung: es leben
ihrer noch Einige, sagte sie. Werner selbst und zwei seiner
Reiter genasen nach mehreren Monaten unter der Pflege

der frommen Schwestern. Nur ungern und dem Zwang
gehorchend, lieferten diese ihre Schützlinge den Franzosen
aus, wohin man sic brachte, wissen wir. Sie hatten von
großem Glück zu sagen, daß sie erst nach Robespierrcs Fall
in die Gewalt ihrer Feinde geriethen, sonst wären sie dem
Tode nicht entgangen. Werner hatte von dem Kloster aus
seiner Mutter zweimal geschrieben, doch nie eine Antwort
von ihr erhalten. Der Zweifel, ob sie noch lebe, und die
Ungewißheit über den Ausgang des Krieges, bedrückte seine
Seele mehr, als seine Gefangenschaft.
(Schluß folgt.)

Türkische Wagen.
Die Araba ist eine Art Omnibus, welche zehu bis
zwölf Personen aufnehmen kann. Sie dient dazu, die Be-
wohner von Constantinopcl in die verschiedenen Quartiere

Araba. Gmniluis in ConjlantinoM.


der Stadt und der Umgegend zu befördern. Die Ueber-
dachung ist gewölbt, wie es die Wagen der römischen Prie-
ster waren; ein solches gewölbtes Dach haben auch die ver-
schlossenen Wagen, welche die Frauen des Harems nach den
Moscheen oder auf das Land bringen. Die beiden Seiten
des Wagens zeigen solide Schreincrarbeit mit reichem Schnitz-
werk, das mit Geschmack gemalt ist; einzelne feinere Arbei-
ten sind noch durch Vergoldung gehoben. Diese Ornamente
wiederholen sich im Innern des Wagens bis zum Boden herab,
auf welchem die Fahrenden in orientalischer Weise, d. h.
ohne Bänke sitzen. Eine Matte oder ein Teppich bildet das
einzige Ameublement. Die kleine, sehr unbequeme Leiter,
welche als Wagentritt dient, wird während des Fahrens
aufgezogen. Da der Wagen nicht in Federn hängt, so hat
man von jeder Unebenheit des Bodens schwer zu leiden.
Der Bau des Vordertheils ist der Art, daß man den Wa-
gen nicht umwenden kann.
Die Deichsel ist beweglich und kann willkürlich auf-
gezogen und niedergelassen werden; reiche Schnitzereien

schmücken auch diesen Theil des Wagens. An den Pflöcken
vorne wird das Joch befestigt, an welches man die beiden
Ochsen spannt, die die Araba ziehen; über dieses Joch
erheben sich zwei Stangen, an welchen sieben bis acht Sei-
denschnüre hängen, die mit Troddeln von gleicher Farbe
geschmückt sind. Während des Fahrens ist diese Zierde der
Thiere sehr malerisch; hauptsächlich dient der Schmuck dazu,
die Farben der Kleider der Wageninsaßen mit denk Ge-
spann in Verbindung zu bringen, und von dem Kopfe der
Thiere wellenförmige Linien bis an die Vordertheile des
Wagens zu ziehen.
Man sieht aus dem Ganzen, wie stationär die In-
dustrie des Türken ist. Die Sitten dieses Volkes haben
nicht gestattet, über die Versuche des Alterthums oder Mit-
telalters hinaus zu gehen. In dieser Richtung bietet der
Orient ein ganz besonderes Interesse, weil man auf jedem
Schritt und Tritt einer Erinnerung an die antike Industrie
begegnet, wie mau in den Sitten zahlreiche Zeugen des
Lebens findet, das die ersten Völker führten.
 
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