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Die Illustrirte Welt.

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Osten fing es schon an zu tagen, tief am Rande des weiten
Horizontes bildete sich ein matter rölhlicher Streif. Die
Menge der Passagiere nahm allmälig zu; tief in ihre Män-
tel gehüllt, wandelten sie auf dem Verdeck umher, um den '
prächtigen Anblick des Sonnenaufganges zu genießen, wel-
cher bei so schönem Wetter um so größeren Reiz entfalten
mußte, da nicht der mindeste Nebel die Fernsicht trübte.
Es dauerte nur kurze Zeit und alsbald flammte der Mor-
genhimmel in feuriger Rothe auf, die sich von der Ober-
fläche des Wassers scharf abschnitt. In Kurzem trat ein
kleines Segment der flammenden Sonncnscheibe blitzend in
seiner ganzen Klarheit hervor und übergoß die Meeres-
fläche mit einem rvsenrothen Schimmer. Nasch durchschnitt
das Schiff die Wogen, und nach und nach traten die erst
in Nebel gehüllten Streifen der Ost- und Westküste des
adriatischen Busens hervor; links die Felsenzungen von
Muja und Pirano, die weit iisis Meer hineinragen, und
zwischen ihnen die tief ansgehöhlte Bucht von Capo d'Jstria;
rechts die hohen Berge, auf denen die Straße nach Laibach
führt, mit der Säule bei Optschina, endlich breitete sich
das Panorama von Triest, mit seinen weißen Häusern, der
Mastenwald der in dem Hafen ankernden Schiffe und die i
mit den in der Morgensonne hell leuchtenden Villen und
Landhäusern geschmückten Höhen vor uns aus. Nm 6 Uhr -
liefen wir in dem Hafen ein. Ein Ruck und wir lagen
fest. Da am Molo mehrere Handelsschiffe ihre Maaren
ausluden, so währte es einige Zeit, bis eine Brücke aus
Bohlen AuSsteigcn zusammengesetzt war. Kaum
war dieß geschehen, so stürzte schon eine Schaar von Last-
trägern auf das Verdeck, um sich unseres Gepäckes zu

bemächtigen. Wir unterhandelten mit einem derselben und
befanden uns bald in Sicherheit in den, großen liotol
national.
Triest hat keinen geschlossenen Hafen, sondern ist eine
große Rhede, »reiche von einer halbmondförmig in das Meer
laufenden Landzunge, die mit einer steinernen Brustwehr
versehen ist, und auf deren äußersten Spitze der wunder-
schöne Leuchtthurm steht, theilweiS geschlossen ist; von dem
schönen Quai erstreckt sich ein zweiter breiter Molo weit
in das Meer hinein, auf dem Abends eine zahlreiche Men-
schenmenge promenirend die erfrischende Seeluft einathmet.
Dieser geringe Schutz, nicht allein von der See-, sondern
auch von der Landseite, macht es erklärlich, weshalb bei
dem heftigen Wehen der Bora so oft hier große Schiffe be-
schädigt werden und sich sogar in größerer Gefahr befinden,
als auf der offenen See, indem die hcreindringenden Wo-
gen die beisammenliegenden Fahrzeuge aueiuander werfen
und zerschmettern. (Fortsetzung folgt.)

C-Hinrfische und indische Fischer.
Man weiß, daß die Chinesen ein Mittel gefunden, die
Eormorans zur Fischerei zu dressiren, wie man im Mittel-
alter die Falken bei der Jagd verwandte. In der Umgegend
von Nanking begegnet man häufig einer Menge von Boo-
ten mit Stangen von zwei bis drei Fuß Länge, welche hori-
zontal frei über den, Wasser liegen und ost zwanzig Kor-
morans zum Sitzen dienen. Damit die Vögel ihre Beute
nicht verschlingen, bindet man ihnen eine Schnur an den


Li» Fischer von Sind.

Hals; mit einem langen Stock stößt man den Cormoran
in das Wasser und bringt ihn mit demselben auch wieder
herauf. Für seine Arbeit erhält er eine Handvoll Bohnen.
Die Indianer sind nicht so weit vorgeschritten, als die
Chinesen. Unser Bild stellt das Verfahren der Bewohner
des Jndusufers dar. Der Fischer setzt einen sehr leichten
thönernen Kessel auf das Wasser; dann legt er sich, sei»
Leben der Gnade Allahs befehlend, platt darauf und ver-
schließt dadurch die obere Oeffuuug; mit Händen und Füßen

rudert er in das Wasser hinaus. Ain Gürtel trägt er
ein spitzes Lanzeneisen; seine rechte Hand hält eine Gabel
von 15 Fuß Länge, an der sich ein langer Faden befindet,
! dessen Schlinge sich sogleich schließt, sobald der Fisch gefan-
gen ist. Mik seinen, Lanzeneiseu tobtet der Indianer den
Fisch und wirft ihn in den thönernen Kessel. Es ist mit
dieser Art zu fischen große Gefahr verbunden, namentlich
uni die Mittagsstunde, in welcher die Krokodile ihren
Rücken au der Sonne wärmen.
 
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