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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 6.1920

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Ferenczi, Sándor: Nachtrag zur "Psychogenese der Mechanik"
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https://doi.org/10.11588/diglit.25677#0396
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Dr. S. Ferenczi

Nachtrag zur »Psychogenese der Mechanik«.

Von Dr. S, FERENCZI, Budapest.

In einer Arbeit über die »Psychogenese der Mechanik« (Imago,
V, Jahrg,, Heft 5/6, 1919) unterzog ich die letzte Publikation des
verstorbenen Wiener Physikers und Philosophen Ernst Mach:
»Kultur und Mechanik« (Verlag von W. Spemann, Stuttgart 1915)
vom Standpunkte der Psychoanalyse einer Kritik. Ich hob unter
anderem hervor, daß das Büchlein im Leser den Eindruck erwedct,
als hätten dem Autor bei seiner Idee, die infantilen Elemente des
Sinnes für Mechanik bei seinem erwachsenen Sohne mittels metho-
dischen Erinnerungs-Anstrengungen aufzudecken, die Freudschen
Forschungen vorgeschwebt. Aus der Tatsache, daß Freud bei Mach
nirgends zitiert wird und aus der einseitig intellektualistischen
Betrachtungsweise des Werkchens schloß ick aber, daß Mach viel-
leicht unabhängig von Freud auf diese Idee verfiel. Nun macht
mich aber Herr Ingenieur Dr. Pataki darauf aufmerksam, daß
sich schon in den 1896 verfaßten »Prinzipien der Wärme-
lehre« (auf S, 443, 444 der II. Auflage) eine Notiz findet, die
uns beweist, daß Mach mit der Grundidee der Psychoanalyse
längst vertraut war, als er sein Buch von den psychologischen
Bedingungen der Entwicklung des Sinnes für Mechanik schrieb und
wenn er deren dort keine Erwähnung tut, wir es mit einem Falle von
kryptomnestischer Wiederentdeckung einer Idee zu tun haben.

Es ist bezeichnend, daß die von Mach vergessene Stelle sich
gerade mit dem LInbewußtwerden und Fortwirken gewisser Vor-
stellungen beschäftigt. Er spridrt dort »von der merkwürdigen Tat-
sache, daß eine Vorstellung sozusagen fortlebt und fortwirkt,
ohne daß sie im Bewußtsein ist« . . . »In dieser Beziehung dürften
die vortrefflichen Beobachtungen von W. Robert über den Traum
(Seippel, Hamburg 1886) aufklärend wirken. Robert hat beobachtet,
daß die bei Tage gestörten, unterbrochenen Assoziationsreihen bei
Nacht sich als Träume fortspinnen« . . . »Ich habe Roberts Beob-
achtungen in unzähligen Fällen an mir bestätigt gefunden und kann
auch hinzu fügen, daß man sich unangenehme Träume er-
spart, wenn man unangenehme Gedanken, die sich durch
zufällige Anlässe ergeben, bei Tage vollkommen ausdenkt,
sich darüber ausspricht oder ausschreibt, welches Ver-
fahren auch allen zu düsteren Gedanken neigenden Per-
sonen angelegentlichst zu empfehlen ist. Den Robertschen
Erscheinungen verwandte kann man auch im wachen Zustande
 
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