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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 6.1920

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Levy, Ludwig: Die Kastration in der Bibel
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Róheim, Géza: Zur Psychologie der Bundesriten
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https://doi.org/10.11588/diglit.25677#0409
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Zur Psychologie der Bundesriten

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weder weibliche noch männliche Tempelprostituierte in Israel geben, Ihr
Verdienst darf nicht zur Bezahlung von Gelübden im Tempel dienen. Da
der »Hurenlohn« sich auf die Dirnen bezieht, so ergibt sich aus der Parallele,
daß 3^3 “VTrö »Hundegeld« von den männlichen Prostituierten spricht, die
demnach Hunde genannt werden. Auch in der Apok, 22, 15 heißen sie
Kvveg: »Draußen sind die Hunde und die Zauberer und die Huren und
die Totschläger und die Götzendiener und alle, die lieben und lügen.« Wieso
nennt der Hebräer die Päderasten Hunde?

Steuernagels Bemerkung zur Stelle im Deuteronomium: »Ursprünglich
enthält das Wort wohl kaum eine verwerfende Beurteilung der Hierodulen,
sondern charakterisiert dieselben als Diener einer Gottheit, die bisweilen
von Hunden begleitet gedacht wird«, kann nicht befriedigen. Der Hund
= griech. xvcov (= der Zeugende) ist nach Hesych = zö ctvdgslov fiögiov
<das männliche Glied), Robert Eisler, Der Fisdi als Sexualsymbol, Imago III,
183, A. 6 und Kuba=Kybele, Philologus 68, 207, der auch den Schwur
des Sokrates vai fiä zöv xvva nicht = »beim Hund«, sondern gleich dem
spanischen Beteuerungsfluch carajo! = penis als Schwur beim Phallus erklärt.
Indessen würde der Hund als Penissymbol noch nicht motivieren, daß die
Päderasten Hunde genannt werden. Veranlaßt wurde vielmehr diese Be-
Zeichnung durch den coitus more canino bei den Päderasten. Das beweist
der Sprachgebrauch des Talmuds: ]?3n »begatten« wird sonst nur von Tieren
gebraucht, in b. Sanh. 9b, irm aibö jedoch auch von Päderastie. Da nun
die meisten Tiere den Gesddechtsakt in dieser Weise vollziehen, so ist es
auffallend, warum gerade der Hund zum Vergleich diente. Es hätte auch
ein anderes Tier sein können. Beim Hunde aber kam noch das Moment
der Verachtung hinzu. Der Hund ist dem Hebräer ein niedriges, unreines
Tier, wie viele Stellen der Bibel zeigen. <2 Sam. 9, 8/ 2 Kön. 8, 13 ,-
Matth. 15, 26). Dieselbe Verachtung traf den homosexuellen Verkehr.
Außerdem ist der Hund auch ein Symbol der Schamlosigkeit. Im Gegensatz
zu anderen Tieren vollzieht er den Geschlechtsakt ohne Scheu auf offener
Straße und zeigt auch, wie W. Stekel, Die Sprache des Traumes, S. 128,
hervorhebt, deutliche homosexuelle Instinkte. Damit ist wohl abs ’Y'liö das
»Hundegeld« erklärt.

Zur Psychologie der Bundesriten.

Von GEZA R OHEIM (Budapest).

Für die Annahme Reiks1, daß die beim Eidschwur geopferten Tiere einen
Menschen, eben den, der sich mit dem Eid verpflichtet, vertreten, führen
wir den Eid an, mit welchem der Vertrag zwischen Assurnirari (zirka
755'— 745) und Mati'ilu bestätigt wurde. Ein Bode wird geschlachtet, wobei
man spricht: »Dieses Haupt ist nicht das Haupt des Bodkes, es ist das
Haupt des Mati'ilu, das Haupt seiner Söhne, seiner Großen, der Leute
seines Landes. Wenn Mati'ilu sich wider diesen Verpflichtungen ver^

1 Probleme der Religionspsydiologie. I. Teil, Internat, Psychoanalytischer
Verlag, 1919, S. 154.
 
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