IMAGO
ZEITSCHRIFT FÜR ANWENDUNG DER PSyCHO-
ANALYSE AUF DIE GEISTESWISSENSCHAFTEN
HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. SIGM. FREUD
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO RANK/DR. HANNS SACHS
INTERNATIONALER PSyCHOANALyTISCHER VERLAG G. M, B. H.
LEIPZIG - WIEN - ZÜRICH - LONDON - NEW.yORK
VI. 1.
1920
Panik und Pan=Komplex.
Von Dr. BJbLA v. FELSZEGHy (Budapest).
Begriff der Panik.
Dem Verständnis jener überaus rätselhaften und in ihren Wurzeln
noch unbekannten massenpsychologischen Erscheinung, deren
Kriterien die meisten modernen europäischen Sprachen im
Namen »Panik« zusammenfassen, haben uns die Arbeiten, die sich
mit ihr bisher beschäftigten, nur mit oberflächlichen^allzuoberflächlichen
Beiträgen, nur durdr — mehr oder minder vollständige — Anführung
der Symptome näherzubringen versucht. Auch Autoren, die sich mit der
Massenpsychologie im allgemeinen oder mit irgend einem ihrer in Be^
tracht kommenden besonderen Kapitel beschäftigten, fühlten sich durdi
die rätselhaften Erscheinungen der Panik höchstens zu Hinweisen und
Erwähnungen angeregt, Mit mehr oder weniger Ausführlichkeit sichten
sie Erscheinungseinzelheiten der Panik in Gruppen, die durch Gesichts^
punkte der Symptomatologie geschieden sind, ohne der Panik auf den
Grund zu gehen. Hat sich auch der eine oder andere auf dem Gebiete
der Massenpsychologie forschende Soziologe mitunter in tiefere Zu=*
sammenhänge verirrt, im Grunde genommen bietet er uns doch nur
eine breitere (in vieler Hinsicht immerhin wertvolle) Deskription. Die
Psychologen aber, die sich doch angesichts des rätselhaften Auftretens
der Massenpanik oder auch wegen der möglidien Analogie zu individuaU
psychologischen Erscheinungen dem tieferen Eindringen ins Problem
nicht verschließen hätten dürfen, stehen diesem Massenphänomen —
man kann schlechthin sagen — ratlos gegenüber. Unter jenen haben
die auf psychologischer Grundlage forschenden Soziologen — (so
Le Bon, der überraschend intuitiv die Funktion der seelischen Sphäre
Imago VI/1
1
ZEITSCHRIFT FÜR ANWENDUNG DER PSyCHO-
ANALYSE AUF DIE GEISTESWISSENSCHAFTEN
HERAUSGEGEBEN VON PROF. DR. SIGM. FREUD
SCHRIFTLEITUNG: DR. OTTO RANK/DR. HANNS SACHS
INTERNATIONALER PSyCHOANALyTISCHER VERLAG G. M, B. H.
LEIPZIG - WIEN - ZÜRICH - LONDON - NEW.yORK
VI. 1.
1920
Panik und Pan=Komplex.
Von Dr. BJbLA v. FELSZEGHy (Budapest).
Begriff der Panik.
Dem Verständnis jener überaus rätselhaften und in ihren Wurzeln
noch unbekannten massenpsychologischen Erscheinung, deren
Kriterien die meisten modernen europäischen Sprachen im
Namen »Panik« zusammenfassen, haben uns die Arbeiten, die sich
mit ihr bisher beschäftigten, nur mit oberflächlichen^allzuoberflächlichen
Beiträgen, nur durdr — mehr oder minder vollständige — Anführung
der Symptome näherzubringen versucht. Auch Autoren, die sich mit der
Massenpsychologie im allgemeinen oder mit irgend einem ihrer in Be^
tracht kommenden besonderen Kapitel beschäftigten, fühlten sich durdi
die rätselhaften Erscheinungen der Panik höchstens zu Hinweisen und
Erwähnungen angeregt, Mit mehr oder weniger Ausführlichkeit sichten
sie Erscheinungseinzelheiten der Panik in Gruppen, die durch Gesichts^
punkte der Symptomatologie geschieden sind, ohne der Panik auf den
Grund zu gehen. Hat sich auch der eine oder andere auf dem Gebiete
der Massenpsychologie forschende Soziologe mitunter in tiefere Zu=*
sammenhänge verirrt, im Grunde genommen bietet er uns doch nur
eine breitere (in vieler Hinsicht immerhin wertvolle) Deskription. Die
Psychologen aber, die sich doch angesichts des rätselhaften Auftretens
der Massenpanik oder auch wegen der möglidien Analogie zu individuaU
psychologischen Erscheinungen dem tieferen Eindringen ins Problem
nicht verschließen hätten dürfen, stehen diesem Massenphänomen —
man kann schlechthin sagen — ratlos gegenüber. Unter jenen haben
die auf psychologischer Grundlage forschenden Soziologen — (so
Le Bon, der überraschend intuitiv die Funktion der seelischen Sphäre
Imago VI/1
1