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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 11.1925

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Heft 1 u. 2
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Kritiken und Referate
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https://doi.org/10.11588/diglit.36528#0194

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KRITIK EN UND RE FE RATE

Dr. IMRE HERMANN: Psycho an:
Der Verfasser will mit der Arbeit
nicht — wie Kehrer in Nr. gg der „Klini-
schen Wochenschrift" vom 26. August 192/).
mit gründlichem Mißverstehen meint —
eine „logische Grundlegung" der Psycho-
analyse geben, sondern einmal das „logi-
sche" Denken zum psychoanalytischen
Gegenstand nehmen, ein andermal die
Frage beantworten, oh und wie weit man
eine psychoanalytisch orientierte „Logik"
aufhauen kann. Wann z. B. etwas das Merk-
mal der Evidenz an sich trägt, kann
psychoanalytisch gefragt und beantwortet
werden. Das logische Denken gehört als
„normative und kritische" Tätigkeit zu
den Funktionen der Zensur und des Ideal-
Ichs, „deren Untersuchung ins Arbeits-
feld der Psychoanalyse fällt". „Es gibt
Kranke, bei denen wir einen sie charak-
terisierenden Denkmechanismus gewahr
werden, welcher sie zu Denkleistungen
zwingt, die nur infolge dieser Mecha-
nismen entstehen und als richtig bewertet
werden." „Vom Standpunkt des Kranken
haben wir ein evidentes, richtiges Denken
vor uns." Man kann daher von einer „in-
dividuellen Logik" sprechen. Nicht nur
das Denken des Normalen, sondern auch
das Denken eines solchen Kranken ist
normativ und allgemein. Es hat eine
„intra-individuelle" Allgemeinheit, weil
es in seinen Denkleistungen sich eine all-
gemeinere Verbreitung verschaffte, aber
auch eine „inter-individuelle", „weil es

lyse und Logik. Imago-Bücher VII.
keinen isolierten Fall darstellt". „An Stelle
der bisher in der Logik üblichen Allge-
meinheit' ist eine ,relative Allgemeinheit'
einzuführen. Es ist nicht von der ,Wahr-
heit' als Ziel der normativen Funktionen
zu sprechen, sondern nur von der Denk-
befriedigung gewisser Denkschritte."
Eine Reihe solcher „Denkschritte" weist
rials analytisch behandelter Patienten auf.
So sieht er z. B. das Denken der Pat. Dl.
vom „Dualschritt" beherrscht. Sie muß
sich in der Liebe immer das Vorhandensein
einer Konkurrentin vorstellen. Als Termine
setzt sie sich zwei Tage, zwei Wochen,
sonen oder Gegenständen, zwei Arten
von Männern gefallen ihr, sie denkt, der
Analytiker habe zwei Frauen usw.
Das entwicklungsgeschichtliche Auf-
treten des Dualschrittes belegt Verfasser
mit Beispielen aus der Kinder- und Pri-
mitivenpsychologie, der Kulturgeschichte
(z. B. mit der Bedeutung der Eins —
des Ungeraden, Männlichen — und der
Zwei — des Geraden, Weiblichen — bei
den Pythagoräern) und der Biologie (Ge-
schlechtsdimorphismus).
Zur Erforschung der allgemeinen Ge-
nese des Schrittes benutzt Verfasser die
Arbeits-Hypothese, daß ein solcher Schritt
(der als primitiv und damit als Regres-
sionserscheinung angesehen werden muß)
im Leben und Denken des Individuums
 
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