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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Statsmann, Karl: Ein Jahrzehnt der Entwicklung der Innen-Dekoration
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0054

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INNEN-DEKORATION

ENTWURF: CARL WITZMANN—WIEN.
AUSFÜHRUNG VON JOSEF SOULEK.

Speisezimmer in einem Landhanse.

Lebensführung, der Kleidung. Ks war, als wenn mit
dem verfeinerten Sinn für den Sport, für Rad und
Racket, auch der Geschmack gesunder geworden wäre.

Und ein Zug zur größeren Kinfachheit der Form,
wie er im Kleingewerbe beliebt wurde, durchsäuerte
auch den Architekturwerdegang. Was Wunder, daß
jene Kunst, welche die Mitte zu halten berufen ist, die
Kunst der Raumschmückung, an diesem Fortschritt
Teil nahm! Es erfolgte eine Umgestaltung der An-
schauungen und Gestaltungsweisen, ein Wachstumstrieb
von Innen heraus, eine Erneuerung der Säfte von Boden
und Wurzel aus. Und so ward das Endergebnis ein
Organisches. Der Wohnzweck bestimmte die Raum-
gestaltung , dem folgte das Äußere, das Große und
Kleine. Und zuletzt erkannte man noch die Not-
wendigkeit, sich der Umgebung anzupassen, gleich als
ob ein großer Zug höherer Menschlichkeit und tieferen
Allgemeinsinns sich offenbart hätte!

Von der Kleinbaukunst wurde die Monumental-
baukunst mächtig angeregt. Sie folgte willig und bald,
auch in der Raumzier. Der Begriff Eigenbau hielt
Schritt mit dem Begriff Eigenart, und Persönlichkeit
und Individualität kamen hier so gut wie in anderen
schönen Künsten maßvoll zur Geltung.

Nun erfreuen wir uns wieder heller gesunder
Wohnräume mit praktischen und, was den kleineren

Mann betrifft, auch nicht zu teueren Mobilien, mit
ruhiger wirkenden Wänden, Decken, Belägen. Freund-
lich grüßen Sonne, Blüten, Wald- und Gartengrün ins
Fenster statt dunkler Höfe; statt in die Höhe geht's
in die Breite, die Kunstindustrie begleitet geschulter und
aufmerksam das Streben nach Besserung in der Aus-
stattung. Und wird die allgemeine Bildung größer,
die Schule natürlicher, so influiert auch stärker und
nachhaltiger der Sinn für Beobachtung und Aneignung
des Besten, was unsere Väter und Urväter geschaffen
haben. Da sind noch große Schätze zu heben.

Aber wir haben Eines gelernt aus der Entwicke-
lung der vergangenen anderthalben Jahrzehnte, daß ge-
walttätig und künstlich keine Kunst erzeugt werden
kann, daß das Leben in seinen mannigfachen Strömungen
und Einflüssen auf gesunde, natürliche Entwickelung
hinarbeitet. Und im Grunde ist Natürlichkeit auch
Wahrheit, mit diesem Gedanken hat selbst der Idealist
Schiller das eiserne Zeitalter der Naturwissenschaften
eingeleitet.

Wir sind glücklich, in frisch arbeitender
Gegenwart zu leben, einer schönen Zukunft
gemächlich vertrauen zu können und haben der
Vergangenheit gegenüber den Standpunkt kind-
licher Pietät wiedergewonnen, unserer Arbeit
zum Segen. prof. karl statsmann.
 
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