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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Widmer, Karl: Künstlerische Konzentration des Innenraums
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0070

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54

INNEN-DEKORATION

ENTWURF: PROF. RtCHARD RIEMERSCHM 1 Ii. AUSF.:
DEUTSCHE WERKSTÄTTEN FÜR HANDWERKSKUNST.

Speise - Zimmer mit Büfett, Silber-
Schrank und Standuhr in Eichenholz.

von außen, sondern auch nach außen abgehalten ist.
In einer landschaftlich bevorzugten Umgebung wird man
zwar diesen Grundsatz dem Genuß einer schönen Aus-
sicht gerne opfern. Aber unsere meis'en Häuser sind
Stadthäuser mit einem lästigen und meistens auch häß-
lichen Gegenüber. Hier fühlt man sich erst dann recht
heimisch und frei in seinen vier Wänden, wenn der
Durchblick durch lichtdurchlässige Scheibengardinen und
dergleichen verhindert oder wenigstens verschleiert ist.
Jedenfalls soll die Behandlung des Fensters den Raum
von der Straße unabhängig machen. Die Forderungen,
die wir an die Konzentration der Raumstimmung durch
das Licht stellen, erfüllt freilich nicht das durchs Fenster
einfallende Tageslicht, sondern die künstliche Beleuch-
tung im höchsten Maße. Die brennende Lampe wird
von selbst zum stimmungsbeherrschenden Mittelpunkt
des Zimmers. Und wie in der Poesie des von der trau-
lichen Lampe erhellten Alltagsraums, so äußert sich
der Zauber des künstlichen Lichts auch im Lichter-
glanz festlich erleuchteter Repräsentations-Räume.

Am Tage, wo der Vorteil des konzentrierenden
Lampenlichts wegfällt, spricht im Wohnraum das Mobi-
liar ein um so gewichtigeres Wort. Gerade die Möb-
lierung unserer Zimmer macht der Geschlossenheit der
Raumstimmung die erheblichsten Schwierigkeiten;
Schwierigkeiten, die zum Teil aus praktischen Gründen
nicht zu umgehen sind. Nun gehört freilich die durch-
geführte Regelmäßigkeit der Raumgestattung — etwa
im Sinne der Symmetrie — in den Monumental- und
Repräsentationsraum und nicht in den intimen Raum.
Die Gemütlichkeit verlangt sogar ein gewisses Vielerlei.

Aber das Vielerlei muß doch zu einer einheitlichen
Gesamtwirkung zusammengehalten werden. Leider ver
fallen gerade die Räume, die mit unserm Tagewerk am
engsten verknüpft sind, dieser Gefahr am leichtesten ; eine
je größere Rolle z. B. das Wohnzimmer als Sammelpunkt
des häuslichen Lebens spielt, desto schwieriger wird es,
die vielen konkurrierenden Ausstattungsstücke — Tisch,
Sopha, Nählisch, Schreibtisch usw. — zu einer Einheit
zusammenzubringen. Im englischen Drawing-room wird
das dadurch einigermaßen ausgeglichen, daß sich hier die
Geselligkeit um das Kamin gruppiert, ein Vorteil, der freilich
auch nur bei brennendem Feuer zu seiner vollen Wirkung
kommt. Günstiger liegt der Fall immer da, wo ein Zimmer
nur einem Zweck dient, namentlich im Schlafzimmer. Ist
hier die Einheitlichkeit der Raumausstattung in der
Sache gegeben, so kann sie noch dadurch gesteigert
werden, daß man das ganze Zimmer in einer Farbe
hält (Weiß!). Und die Farbe bleibt schließlich auch
da das wichtigste Auskunftsmittel, wo sich in allen
andern Stücken die Einheit aus sachlichen Gründen
nicht durchführen läßt. Eine wichtige Rolle spielt
dabei natürlich auch der Schmuck: Bilder, Vasen usw.
Ob man dabei die Bilder dem Ganzen unterordnet
oder umgekehrt einen Raum auf die Kunstwerke als
die höchste Steigerung der Raumwirkung stimmt, das
hangt natürlich nicht nur vom Geschmack, sondern
auch von objektiven Bedingungen — namentlich der
Bestimmung des Raums — ab. Em Schlafzimmer wird man
nicht zu einer Privatgalerie aufputzen. Im einzelnen lassen
sich darüber natürlich keine Regeln aufstellen — hier heißt
es: Takt ist alles! — hrof. karl widmer—Karlsruhe.
 
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