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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Westheim, Paul: Mieter-Wünsche und Hausbesitzer-Sorgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0202

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INNEN-DEKORATION

architekt fritz august breuhaus—düsseldorf.

landhaus in mors a. rhein. garten- und strassen-seite.

waltet. Die meisten Großstadtmenschen können
es einfach in ihren Wohnungen nicht aushalten.
Sie müssen ständig wandern, weil ihre Woh-
nungen unpraktisch, mangelhaft, unbequem,
geschmacklos und unbehaglich sind. Wenn °/10
aller Berliner Mieter es nicht einmal drei Jahre in einem
Hause aushält, so bedeutet das den völligen Bankerott
unserer großstädtischen Bauweise. Der Architekt, der
Bauunternehmer und der Auftraggeber müssen zu
der Einsicht gelangen, daß der Grundriß, wie die heute
übliche Hausgestaltung, nicht den Bedurfnissen der Be-
wohner entsprechen, daß eben die »herrschaftliche
Allüre« indem bürgerlichen Großstadtzinshaus deplaciert
ist. Statt der Repräsentationsfassade und sonstiger
zweckwidriger Schaugebilde erstrebe der Baumeister eine
Raumbildung, in der sich das Leben dieser Leute an-
genehm und selbstverständlich regeln läßt. Der Haus-
besitzer, dem die Mieter immer wieder kündigen, wird
wohl einmal begreifen, wie verkehrt die Mietskasernen-
bauart gewesen; in nicht allzu langer Zeit dürfte er selbst
den Architekten heranziehen, der ihm in diesem Sinne
die brauchbarste und glücklichste Lösung bieten wird.
— Weiterhin wird das Verhältnis zwischen Hauswirt
und Mieter eine Revision erfahren müssen. Geschmack-
lichen Sonderwünschen pflegt heute der Hausbesitzer
meist ein kaltes Nein entgegenzusetzen. In Kleinig-
keiten wie der Wahl der Tapeten, der Bemalung der
Decken, Fußbodenanstrich und dergleichen Dinge, die
wesentlich zur Erhöhung der Behaglichkeit beitragen,
wird er den Wünschen des Benutzers folgen müssen.

Schon jetzt ist mancher bereit für ein derartiges Ent-
gegenkommen einen längeren Kontrakt abzuschließen.
Lediglich die Kurzsichtigkeit sträubt sich gegen solche
geringfügige Mehraufwendungen, die reichlich aufge-
wogen werden durch den geringeren Mieteausfall. Denn
ist es einem erst gelungen, sich in einem Zinshaus ein be-
hagliches Heim herzurichten, so packt ihn gewiß nicht
die Lust, nach kurzer Zeit weiter zu wandern. Das
beweist aber, daß die Forderungen, die von den
Freunden einer gesunden Wohnungsreform seit Jahr-
zehnten — nicht zuletzt in dieser Zeitschrift — erhoben
wurden, keineswegs ästhetisch - sentimentale Utopien
sind. Selbst der hartnäckige Widerstand der Haus-
besitzer wird gebrochen werden. Die materielle Not-
wendigkeit wird sie endlich bekehren. Oder sollten es
die Herren Hauswirte für einen Idealzustand halten,
wenn 90 Prozent ihrer Mieter rastlos hin- und herziehen?

berlin. paul westheim.

£

ZU DEN ABBILDUNGEN S. 180—186. Das Land-
haus des Arch. F. A. Breuhaus zeigt eine sorgfältige
Durcharbeitung, bemerkenswert sind die Treppenaufgänge
und der intime Charakter der Innenräume. Abwechs-
lungsreich und stimmungsvoll ist die Gartenanlage der
Architekten P. Bachmann und H. Foeth, denen seiner-
zeit beider Stadtpark-Konkurrenz Hamburg der II. Preis
zufiel. Die offene, ebenerdige Veranda, die hoch-
stehende Pergola und große Gartenbank des Arch.
E. Wehner sind von großem Reiz, vornehm wirkt sein
Speisezimmer mit der massiven Büfett- und Türanlage, r.
 
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