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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 20.1909

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Breuer, Robert: Der "George Washington"
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https://doi.org/10.11588/diglit.7500#0362

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338

INNEN-DEKORATION

LLOYD-DAMPFER GEORGE WASHINGTON. KAM1NW4ND IM GESELLSCHAFTS-SALON. ENTW PROF. BRUNO PAUL.

Mit dem großen Gesellschaftssalon hat Bruno
Paul eine ähnliche Wirkung gewollt und erreicht.
Durch den mittleren, gläsern überwölbten Raum-
balken soll eine repräsentative Geste ausgelöst
werden; erhobenen Hauptes, ganz Gentleman, als
Herrlichster der Menschensöhne, soll hier ein jeder
lustwandeln, konversieren, sich selbst und jedem
andern huldigen. Unter diesem aristokratisch reg-
lementierten Gewölbe muß sich das Gesellschafts-
leben in schöner Bändigung entfalten. Mit dem
Mittelschiff parallel laufen niedrige und flach ab-
gedeckte Länge, breit genug, daß man gut geborgen,
ein wenig im Schatten zu sitzen vermag. Zugleich
aber sind diese Seitenteile so weit geöffnet, daß
das volle Temperament der Hochburg in sie strömt.
Immerhin, in den beiden Nebenschiffen dieses
monumentalen Saales wird die Laune um einige
Grade stiller, vielleicht ein wenig mokant, vielleicht
ein wenig intim moussieren. Die vier Kabinette,
die an den Kopfenden der beiden Gänge sich auf-
tun und schließen, wird manch zartes Schweigen
füllen. Diese vier Appendixe waren ein sehr feiner
Einfall des Architekten; freilich machten sie ihm
die Aufgabe schwerer, wenn auch interessanter.
Dies gilt besonders für den farbigen Eindruck
des ganzen Raumkomplexes. Der Hauptkörper
strahlt in einem beinahe weißem Blond, das ganz

zart durch einige in das Eschenholz gesenkte
Intarsien, das um einige Nüancen kräftiger durch
Gitterwerk an den Seiten wänden akzentuiert, das
durch die goldig durchleuchtete Glasdecke mit
Sonne überflutet wird. Und dahinein tönt das
Blau, das Rot, das Gelb und das Grün der chambres
scparees. Der Kontrast wäre zu schroff, wenn
nicht das den Fußboden und die Sitzmöbel des
Hauptsaales überziehende Textil ein farbiges Weben
durch das neutrale Blond schweben ließe. Dieser
Teppich und dieser Gobelin sind außerordentlich
gute, ebenso geschmackvolle wie ausdruckreiche
Bildungen eines den Effekt genau beherrschenden,
eines sich mit dem Material trefflich auskennenden
Künstlers. — Nicht minder groß sind die Vorzüge
der anderen Gesellschaftsräume, die Bruno Paul
gestaltete; er schuf einen überzeugenden und sehr
wohltuenden Lese- und Schreibsalon, er schuf mit
interessierter Leidenschaft, mit gesunder Freude
am Komfort und am Nichtstun den Rauchsalon.
Dieser Raum ist in zwei Etagen disponiert; eine
breite Treppe führt von dem im Promenadendeck
untergebrachten Abteil zu dem im Sonnendeck
liegenden. Die absolute Gemütlichkeit wurde zum
Prinzip erhoben; überall sondern sich Ecken und
Stammtische; Nischen und behagliche Schmoll-
winkel sind raffiniert verteilt. Dazu kommt, daß
 
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