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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 49.1938

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Erläutendes und Kritisches zur französischen Raumkunst auf der Pariser Weltausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.10945#0053

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INNEN-DEKORATION

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ERLÄUTERNDES UND KRITISCHES ZUR FRANZÖSISCHEN RAUMKUNST
AUF DER PARISER WELTAUSSTELLUNG

Es ist für die deutsche Betrachtung nicht ganz
einfach, zu den hier veröffentlichten Arbeiten
französischer Raumkünstler Stellung zu nehmen.
Schon ein flüchtiger Überblick zeigt, daß hier andre
Antriebe als die uns geläufigen vorliegen und daß
dieses Andersartige keineswegs bloß im nationalen
Unterschied begründet ist. Vielleicht ergibt sich eine
Klärung des Standpunktes, wenn wir die besondere
Betonung ins Auge fassen, die in den vorhergehenden
Ausführungen Jean Royeres der Begriff des »Neuen«
hat. Denn offenbar spricht der französische Archi-
tekt damit ein Strebensziel aus, das der heutigen
französischen Raumkunst, soweit sie von Künstlern
getragen ist, die Richtung gibt.

Wir kennen die Bemühung um das »Neue«, um
das Eigenartige und Ungewöhnliche auch aus der
Geschichte unsrer eigenen Wohnungskunst. Wir
wissen wohl, daß dieses Bemühen eine unentbehr-
liche Triebkraft ist beim Durchbrechen einer alten
Schablone. Wir wissen auch, daß in den Anfängen
einer neuen Raumgestaltung der Künstler mit
seinem besonderen Erfindungsgeist und Wagemut,
selbst mit seinen phantastischen Launen unentbehr-

lich ist, weil er den menschlichen Anteil und die
Zeitwirklichkeit rücksichtslos zur Geltung bringt
gegenüber einer unschöpferischen, festgefahrenen
Arbeitsweise von gestern.

In der deutschen Wohnungsgestaltung hat nun
dieser Einsatz der künstlerischen Durchbruchskräfte
Erfolg gehabt. Die deutsche Wohnungskunst hat
ihre Revolutionsperiode hinter sich, weil ihr Kampf
siegreich gewesen ist. Sie ist in die Zeit eingetreten,
wo sie nach ruhigen, starken Dauergesichtspunkten,
allseitig ordnend und ausbauend, tätig sein muß.
Nicht das Niedagewesene, nicht das Neue um jeden
Preis, sondern die kräftige Anwendung der errunge-
nen Schaffensgrundsätze ist ihre Aufgabe. Sie ist
aus dem Leerlauf heraus und durchgängig in den
Arbeitsprozeß eingeschaltet.

In Frankreich ist die Lage anders. Vielleicht darf
man den Unterschied ganz einfach darin finden, daß
die neue Formgesinnung in Frankreich noch nicht
auf der ganzen Linie gesiegt hat. Es geht dort noch
um grundsätzliches Umdenken, um Vorstoß und An-
griff; es geht noch um die Auswirkung der »freien«
Künstlerkräfte, weil diese Kräfte tatsächlich noch
 
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