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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 49.1938

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Begriff und Forderung der Echtheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.10945#0084

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»KAMINPLATZ« KAMIN UND TISCHCHEN: ENTW. PROF. PAUL LUDWIG TROOST, AUSF. VEREINIGTE WERKSTATTEN-MÜNCHEN

BEGRIFF UND FORDERUNG DER ECHTHEIT

Nichts scheint weniger einer Begründung zu be-
dürfen als die Forderung: Keine Lüge, kein
leerer Schein in der Raumausstattung! Aber die For-
derung der Echtheit, ja schon ihr Begriff hat eine
Geschichte, und diese zeigt uns, daß der Echt-
heitsbegriff in seiner heutigen Gültigkeit eine Er-
rungenschaft unsrer Zeit ist, die geistig sehr tief zu
uns gehört. Vom griechischen Hause wissen wir,
daß seine Wände seit dem 4. vorchristlichen Jahr-
hundert mit Stuck überzogen wurden, in welchem
man Pfeiler, Simse, namentlich auch Quadermauern,
plastisch nachahmte. Die Wand täuschte also etwas
vor, das nicht vorhanden war. Im hellenistischen
Pompeji wurden die Wände mit einer Malerei be-
deckt, die eine Quadermauer darstellte. Später trat
an deren Stelle eine Bemalung mit Architekturmo-
tiven, die den ausgesprochenen Zweck hatte, über die
Tatsache der Wand hinwegzutäuschen. Man zau-

berte in richtiger »Bühnenmalerei« bauliche Gefüge
auf die Wand, welche den Durchblick auf weitere
Architektur freigaben. Auch Landschaften wurden
auf die Wand gemalt, als sähe man durch die Mauer
hindurch ins Freie. Wird in früherer Zeit ein Ma-
terial vorgetäuscht, das nicht vorhanden ist, so in
späterer Zeit ein räumlicher Sachverhalt rein phan-
tastischer Art, beides in der ausdrücklichen Absicht,
eine Strecke Illusion und Schein in die Wirklichkeit
einzuweben.

Mit dieser Raumbehandlung kann man die dama-
lige Richtung der Raumausstattung mit Geräten in
Vergleich setzen. Der griechische Wohnraum der
hellenistischen Zeit stellt in der Möblierung vielfach
die rein ästhetische Augenwirkung in den Vorder-
grund, die mit einer zweckhaften Gestaltung in uns-
rem Sinne nichts zu tun hat. Zum Beispiel werden
oft zu vorhandenen Geräten Gegenstücke, »Pen-
 
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