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Jahrbuch für den Zeichen- und Kunstunterricht — 4.1909

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Vorwort zum vierten Jahrgange
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https://doi.org/10.11588/diglit.74114#0009

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VORWORT
ZUM VIERTEN JAHRGANGE.
Indem ich mit vorliegendem Hefte den 4. Band vollendet der Öffentlichkeit über-
gebe, möchte ich erneut darauf hinweisen, daß das „Jahrbuch" keiner besonderen
Partei dienen, sondern jede Richtung zu Worte kommen lassen soll. Gar zu leicht
fühlt derjenige, der sich mit Begeisterung einer bestimmten Richtung angeschlossen
hat, durch die Äußerung einer gegnerischen Ansicht sich persönlich unangenehm
berührt. Er möchte, daß alle nur in seinem Sinne schrieben und alle so dächten
wie er selber. Ein scharfes, aber nach der Ansicht des Einen, gerechtes Wort wird
von dem Andern oft als Hohn aufgefaßt. Wie leicht vergißt dabei der Andere, daß
er gelegentlich selber den Gegner arg zerpflückt hat. Toleranz für die Äußerung
einer gegenteiligen Ansicht ist unbedingt geboten. Es wäre ein großes Unglück,
wenn alle derselben Ansicht wären. Jeder Fortschritt wäre gehemmt. Nur im
geistigen Kampfe kommen neue Ideen zur Welt. Nichts ist deshalb für den vor-
urteilsfreien und geistig freien Menschen wertvoller als die gegnerische Presse zu
lesen. Gerade daraus kann jeder, der nicht fanatisch in eine bestimmte Idee ver-
rannt ist, am meisten lernen. Ich hoffe deshalb, daß das Prinzip des Jahrbuches,
sich frei zu halten von einer Parteinahme für eine bestimmte Richtung und statt
dessen Männer aller Parteien das Wort ergreifen zu lassen, immer mehr Anerkennung
erwirbt und wie bisher Beifall findet.
Auch in der letzten Zeit hat es sich auf unserem Gebiete in allen Ländern
mächtig geregt. Wenn das Prinzip, daß die Natur der Stoff sein soll, der den
Schülern dargeboten wird, auch nunmehr allgemein zur Herrschaft gelangt ist, so
gehen über die Art der Behandlung dieses Stoffes die Meinungen immer noch weit
auseinander.
Es bleibt also auch fernerhin noch reichlich Gelegenheit, sich über die Methode
auszusprechen. In allen Ländern aber nimmt man immer mehr Veranlassung, sich
mit der Stellung des Faches und seiner Lehrer zu befassen, weil man die richtige
Überzeugung hat, daß die letzteren Faktoren noch mehr Einfluß auf den Unterrichts-
erfolg haben als die Methode. Und in bezug auf die Stellung des Faches und seiner
Lehrer kann in allen Ländern noch viel gebessert werden, in manchen Ländern ist
noch fast alles zu tun. Wie bisher so wird auch fernerhin das Jahrbuch für die
Hebung der Stellung des Faches und seiner Lehrer eintreten und getreulich Bericht
erstatten, was in den verschiedenen Ländern hierfür geschehen ist und was noch
zu tun übrig bleibt.
Dank gebührt auch diesmal sowohl den Herren Mitarbeitern für ihre treue
Hilfe wie der Verlagsbuchhandlung für die schöne typographische Ausstattung. Den
Bilderschmuck haben wir jetzt einschränken zu können geglaubt, da die Fachzeit-
schriften zum größten Teil angefangen haben ihren Lesern Reproduktionen von
Schülerzeichnungen und Lehrerstudien in reicher Auswahl vorzuführen.
So möge denn der vorliegende vierte Band ebenso wie seine Vorgänger wohl-
wollende Aufnahme finden und an seinem Teil mithelfen zur Förderung unseres
schönen Faches.

HANNOVER, im Juni 1909.
Bödekerstr. 32.

GEORG FRIESE.
 
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