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Jahrbuch für den Zeichen- und Kunstunterricht — 4.1909

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Heft 2
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Überblick über den Stand des Zeichenunterrichts in den verschiedenen Ländern
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Hollós: Ungarn
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Kohonen, A.: Die Reform des Zeichenunterrichts in den Seminaren und Volksschulen Finnlands
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https://doi.org/10.11588/diglit.74114#0113

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Kohonen. Finnland.

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Illustrierübungen befolgt. Die am Jahressehluß (Ende Juni) üblichen Ausstellungen
der einzelnen Schulen haben erwiesen, daß das Ergebnis der „neuen" Methode
durchweg schwächer ist, und wenn auch die letztere auf der unteren Stufe be-
stechendere Leistungen aufweist, so fehlt auf den oberen Stufen das sichere Fort-
schreiten.
Der schroffe Gegensatz zwischen alter und neuer Methode scheint übrigens
langsam zu schwinden. Die Auswüchse der neuen Methode brachten manche Er-
nüchterung. Hingegen darf zugegeben werden, daß die Reformer auf die Anhänger
der alten Methode nicht ohne Einfluß blieben, was sich bei letzteren in früherer
Anwendung von Farbe und Schattierung, in der Einschränkung abstrakter geome-
trischer, historischer und pädagogischer Aufgaben, im Bevorzugen der Anschauung
und eingehender Pflege des künstlerischen Sinnes ausspricht.


DIE REFORM DES ZEICHENUNTERRICHTES IN DEN
SEMINAREN UND VOLKSSCHULEN FINNLANDS.
Von A. KOHONEN, Zeichenlehrer und Redakteur in HELSINGFORS.
Als der Schöpfer des finnischen Volksschulwesens, der Pastor und spätere
Seminardirektor und Volksschuloberinspektor, Uno Cygnaeus vor bald einem
halben Jahrhundert (1860) sein Projekt für das Volksschulwesen Finnlands veröffent-
lichte, schlug er unter anderem einen Lehrplan zur Einführung des Zeichen- und
Modellierunterrichtes in den Seminaren und Volksschulen vor.
In diesem Lehrplan wird vom Zeichen- und Modellierunterricht in den Seminaren
folgendes erwähnt:
Im Zeichnen und Modellieren soll man sich in den Seminaren und Normal-
schulen mit größtem Fleiß üben, nicht nur weil dieselben ein besonders wirksames
formenbildendes Erziehungsmittel bieten, sondern auch deshalb, weil dieselben dem
Landmann von praktischem Nutzen sind. Die Aufgabe des Zeichenunterrichtes ist,
das Auge zu üben, Formen richtig zu fassen und die Hand fähig zu machen, die-
selben richtig darzustellen, sowie auch die Schüler besonders im technischen
Zeichnen anzuleiten.
Beim Zeichenunterricht hat der Lehrer mechanisches Nachzeichnen streng zu
verhindern und den Unterricht so einzurichten, daß derselbe sowohl die Sicherheit
des Auges und der Hand als auch den Formen- und Schönheitssinn des Schülers
oder sein entwerfendes, bildendes und schöpferisches Talent entwickelt. Außerdem
hat der Seminarlehrer den Gang des Unterrichts so einzurichten, daß der künftige
Volksschullehrer oder die Lehrerin denselben in der Volksschule anwenden kann.
Der Lehrkursus war folgender:
„Im ersten Jahre: Zeichenübungen von einfachen Gebrauchsgegenständen,
Arbeitsgerät usw. nach Vorlagen.
Im andern Jahre: Holzblockzeichnen.
Im dritten Jahre: Fortsetzung des [vorhergehenden Kursus; Ausarbeiten von
Zeichnungen von teils einfachen, teils schwierigeren Gebrauchsgegenständen, Acker-
baugeräten, Maschinen usw. nach Maßen; die Anfangsgründe zum Ornament-
zeichnen und zum Schluß methodologische Anleitung zur Erteilung des Zeichen-
unterrichts in Volksschulen.
Modellieren in Ton, Wachs und Gips, das ein sehr wirksames Erziehungsmittel
zur Entwickelung des Formensinnes ist, soll in stufenweis fortschreitender Schwierig-
keit durch alle Klassen hindurch geübt werden, von ganz einfachen geradlinigen
Formen angefangen bis zu den schwierigeren. Das Modellieren soll mit dem
Zeichenunterricht Hand in Hand gehen.

Friese, Jahrbuch IV, 2.

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