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Österreich / Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale [Hrsg.]
Jahrbuch der K. K. Zentral-Kommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale — NF. 1.1903

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Weixlgärtner, Arpad: Johann Bergl
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https://doi.org/10.11588/diglit.47868#0183
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345

A. Weixlgartner Johann Bergl

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erblickt man musizierende Engel, wie sie Troger
um die Mitte des Jahrhunderts über dem Musik-
chor im Brixener Dom gemalt hatte,1) in der
daranstoßenden Kuppel Mariä ersten Tempelgang,
in der zweiten ihre Vermählung, in der dritten,
der Vierungskuppel, Mariä Himmelfahrt und in
der letzten die Krönung der Mutter Gottes. In
den Pendentifs der Hauptkuppel sind die vier
Kirchenväter, die, ein allbeliebter Vorwurf für
diesen Platz, 1705 auch von Pozzo in der Wiener
Universitätskirche, freilich als Skulpturen, gemalt
worden waren, an den Wölbungen über den beiden
Armen des Querschiffes sind Mariä Verkündigung
und Heimsuchung dargestellt.
Auf diesen Fresken Bergls lassen sich einige
seiner markantesten Stileigentümlichkeiten gut be-
obachten: er wölbte gerne die Köpfe zu flach, so
daß sie vorne oder rückwärts wie eingedrückt oder
abgeschnitten erscheinen; beim Ohre zieht er ge-
wöhnlich die beiden Innenränder parallel, ohne sie
konvergieren zu lassen; Finger und Zehen zeichnet
er knotig, beinahe wie mit Gichtknollen bedeckt;
die Füße, auch der Frauen, sind meist übergroß;
schwebenden Figuren, namentlich Engeln, liebt er
es eine gewisse Beinstellung zu geben, bei welcher
es selten ohne eine Verzeichnung abläuft: das eine
Bein, bis über das Knie entblößt, ist im Skurzo
erhoben, das andere ist von der Seite gesehen.
Die vier Altarblätter des Querschiffes wie
überhaupt „die ganze Malerei in der Kirche“
sollen nach Angabe Keiblingers in der Kirch-
lichen Topographie2) gleichfalls von Bergl her-
rühren. Ich bezweifle dies schon darum, weil mir
das Ende des hl. Benedikt und das der hl. Scholastika
von einer besseren Hand herzurühren scheinen, als
die anderen Gemälde. Sie sind mir sowohl in ihrer
übrigens sehr vornehmen Färbung zu ruhig und
in der Zeichnung zu sorgfältig und sicher für Bergl.
Aber auch die zwei anderen Altarbilder, der Tod
des hl. Thomas und der Tod der hl. Barbara zeigen
keines der für Bergl charakteristischen Stilmerk.
male.3) Über die beiden kleineren, wie mich Herr
x) Hermann Doi.lmayr, Paul Trogers Fresken im Dom
zu Brixen, M. C. C., Wien, 1890, XVI, 93 f. u. 174 f.
2) I. Abt., 5. Bd. (1826) 63. Danach auch Schweickhardt,
V. U. W. W., 1831, III, 192, und wie er mir persönlich mit-
zuteilen die Freundlichkeit hatte, auch Eigner, 1. c., 382 f.
3) Ich muß hier allerdings bekennen, daß ich in Klein-
mariazell zu einer Zeit war, da ich von Bergl noch nichts

Pfarrer Eigner freundlichst versichert, einer früheren
Zeit angehörenden Ölbilder gegenüber den Altären
der hl. Scholastika und Barbara läßt sich gar nichts
sagen. Sie hängen sehr hoch und scheinen voll-
ständig ruiniert zu sein.
Für die Hauptkuppel erhielt Bergl 100 fl., für
die anderen Kuppeln je 50 fl. und außerdem die
ganze Verpflegung im Kloster.
Auf dem abgebildeten Fresko der Vierungs-
kuppel möchte ich vor allem auf die außerordentlich
dramatische Behandlung des Vorganges, auf die
lebhaftest und mannigfaltigst bewegte Schar der
Apostel und den gewaltig nach aufwärts drän-
genden Zug in der dem Grabe entschwebenden
Gottesmutter und den sie umgebenden Engeln
aufmerksam machen. In Gott Vaters und Sohnes
etwas übertriebenen Gebärden freudigen Will-
kommenheißens geht für unseren Geschmack das
Dramatische freilich schon ins Theatralische über.
Zu der lebhaften Bewegtheit der genannten Gruppen
steht die gelassenere, gewissermaßen zuwartende
Freude der Heiligen, unter welchen der an auf-
fallender Stelle angebrachte Benedictus den regsten
Anteil am Vorgang nimmt, in wirkungsvollem
Gegensatz. Vorzüglich ist auch die perspektivische
Behandlung des auf Stufen stehenden Barock-
sarkophags und des Triumphbogens im Hinter-
grund.
Schon ein Jahr, bevor Abt Jakob das Kreuz
des neuen Turmes auf der von ihm „völlig her-
gestellten“ Klosterkirche weihte, ward von ihm
gemäß der Inschrift ober dem Tore1) die Wall-
fahrtskirche „Zum leidenden Heiland auf der Rast“
in Dornau erbaut. Die Kirche befindet sich neben
dem Bahngeleise und ganz nahe der Station
Altenmarkt-Thenneberg. Ihre Fresken wurden von
Ilg, der eine falsche Bemerkung Schmidls1) richtig-
stellte, Bergl zugewiesen.2) Sie sind leider so zer-
stört, daß sich aus ihnen nur wenig mehr ent-
nehmen läßt, soviel aber mit Sicherheit, daß sie
mit einer beinahe verletzenden Flüchtigkeit ge-
malt sind. Ich schließe daraus, daß sie später als
anderes als das Deckenbild im Augustinersaal der Hof-
bibliothek kannte und daß ich daher den Altarblättern
gegenüber vielleicht allzu skeptisch bin.
b Eigner, 1. c., 300.
2) Wiens Umgebungen, 1839, 111, 546.
3) M. C. C., N. F., 1880, VI, 53 f.
 
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