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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 1.1886

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Conze, Alexander: Der betende Knabe in den Königlichen Museen zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.29675#0025

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Conze, Der betende Knabe.

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gangbar war und Levezow vorübergehend dafür an Ganymed denken wollte, so
hatte man damit Benennungen, die fiir eine schöne Jünglingsfigur sich allenfalls
eigneten, sonst aber des Treffenden durchaus entbehrten. Um möglichst nichts zu
übergehen, mufs ich aufser einem seltsamen Einfalle Thierschs24 noch den von
Stephani25 fiir unsere Statue wenn auch nur als möglich vorgeschlagenen Namen
Phrixos erwahnen. Im Heiligthum des Zeus Urios am Bosporos stand nach Dionysios
von Byzanz bei Gillius de Bosporo thracio (Frgm. 59 Müller)26, wozu von den Aus-
legern die von Stephani mit Recht abgewiesene Combination mit Philostr. imag. I, 12
nicht weiter berücksichtigt werden sollte, statna aenea antiquae artis, aetatem
puerilem prae se ferens, tendens manus. Die Erwägungen, aus denen Stephani
die Wahrscheinlichkeit ableiten will, dafs dieses Anathem urspriinglich den Phrixos
hätte darstellen sollen, sind nichts weniger als zwingend oder auch nur diesen
Vorschlag besonders empfehlend27. Aber auch abgesehen von einer Benennung,
die am Bosporos einst aufgestellte Bronze mit der in Berlin befindlichen identifi-
ciren zu wollen, wie Stephani weiter versucht, heifst allzusehr die von Welcker28
ausgesprochene Warnung aufser Augen lassen: «Wie unermefslich reich an Kunst
und trefflichen Künstlern Griechenland gewesen, wird bei solchen Vermuthungen
nicht genug erwogen». Welcker machte diese Bemerkung in Bezug auf die wie-
derholt gebilligte Identificirung der Berliner Bronze mit dem Adorans des Boedas
bei Plinius.

Friederichs29 suchte, wie O. Miiller30, die durch Levezow aufgestellte Deu-
tung, welche der Statue den gangbaren Namen des «betenden Knaben» verschafft
hat, dahin zu präcisiren, dafs er einen nicht im Dankgebet dargestellten Knaben
erkannte, sondern einen 11m den Sieg im Wettkampfe betenden und dafs gerade
hierfür der Gestus der Arme passend sei, glaubte Kekule stiitzen zu können31
durch den Hinweis auf Pseudo-Plutarch Trspl döxfjcjstüc: im Rhein. Mus. N. F. XXVII,
1872, S. 532, wo es in der Übersetzung heifst: «Ein anderer Athlet aber erhob, als
er in den Kampf gehen sollte, seine Hände zum Himmel und sprach: Herr Gott,
wenn ich auch nur eines von den Dingen, die den Sieg bewirken, unterlassen habe,
möge ich besiegt hinausgehen; wenn ich aber auch nicht eine von den Mühen
versäumt habe, werde mir der Kranz zugewendet». Friederichs legte bei seiner
Auffassung Gewicht darauf, dafs die Hände, wie um zu empfangen, nach oben
geöffnet seien; ich habe aber vorher die Meinung ausgesprochen, dafs grade mit
dieser Stellung der ITände der Ergänzer nicht das Ursprüngliche getroffen haben
möchte.

24) Epochen Anm. 71.

25) Parerga archaeologica, 21. März 1851, II.

26) Geogr. gr. min. ecl. C. Miiller II, S. 78 t. Frick

Gymnasialprogramm. Wesel 1860. S. 7. 33. Dio-

nysii Byz. de Bospori 7iavig. ed. Wescher. Paris

1874. S. 29.

2() Panofka sprach das schon aus, s. Arch. Anz.

1852, S. 153.

28) Kunstmuseum S. 43.

29) Die AusfLihrung im Erlanger Programm von 1857
modificirt Berlins ant. Bildw. II, S. 377ff. Vergl.
Benndorf Museum der Gipsabglisse zu Pforte.
1864. n. 4.

30) Archäologie § 423, 4.

31) Kunstmuseum n. 268.
 
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