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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 1.1886

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Conze, Alexander: Der betende Knabe in den Königlichen Museen zu Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.29675#0027

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Conze, Der betende Knabe.

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in Brunns Weise auffassen möchte, darf man sich nicht mehr zu Gunsten der
Entstehung vor 01. 121 bestimmen lassen, seit zumal die pergamenischen Funde es
augenfällig gemacht haben, wie ansehnlich die Thätigkeit grade auch der Erzgiefse-
reien um diese Zeit noch war. Aus den Ausgrabungen bei Myrina stammt der
Bronzehenkel eines Gefäfses mit der Figur eines einschenkenden Eros36: beispiels-
weise diese scheint mir stilistisch dem betenden Knaben nahezu entsprechend.
Fundort und stilistische Eigenthümlichkeit machen es am wahrscheinlichsten, wie
auch die Herausgeber es ausgesprochen haben37, dafs dieser Bronzehenkel derselben
Epoche angehört wie die zahlreichen Terrakotten von Myrina, das heifst der helle-
nistischen Zeit, und ich gebe der Prüfung anheim, ob wir nicht dieser selben Zeit
den betenden Knaben zuschreiben sollen.

Eine Arbeit grade dieser spätgriechischen Zeit wäre dem Geschmacke
des Ergänzers, welcher für Foucquet dem betenden Knaben die Arme hinzufügte
und die Figur im Übrigen sorgfältig herrichtete, besonders congenial gewesen.
Auf eine für die Selbsterkenntnifs über unser Kunsturtheil belehrende Weise wäre
so das französisch interpretirte Werk entstanden, welches bisher vielfach als eine
besonders reine Schöpfung hellenischer Kunst angesprochen wurde und als solche
in weiten Kreisen befriedigte. Immer bleibt es von höchstem Werthe.

Conze.

3S) Bull. de corr. hell. VII, 1883, Taf. IV.

37) Pottier und Reinach a. a. O. S. 442.
 
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