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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 1.1886

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Schwabe, Ludwig: Wagenlenker: Bronze in Tübingen
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https://doi.org/10.11588/diglit.29675#0178

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Schwabe, Wagenlenker.

Bibliothek überwiesen4. Später bildete diese Tux’sche Hinterlassenschaft den Grund-
stock des Münz- und Antikenkabinets, der heutigen archäologischen Sammlung der
Universität.

Es wäre von Bedeutung zu wissen, wo die Bronze gefunden wurde und wie
Tux in den Besitz derselben gelangte. Leider läfst sich darüber nichts feststellen.
Ausdrücklich erwähnt war die Bronze nur in einem handschriftlichen Verzeichnis
der Tux’schen Kunstsachen (mit Ausschlufs der Münzen) von der eigenen Hand des
Besitzers, welches leider jetzt nicht mehr aufzufmden ist, das aber von Grüneisen
und von Walz (s. Anm. i) noch benutzt werden konnte5. Darin war unsere Bronze
mit folgenden Worten beschrieben: »Ein stehender, mit einer Gattung Sturmhaube be-
deckter, sich vorwärts beugender, nackender Soldat, der den rechten Arm ganz vor
sich ausstreckt, an dessen Hand die vordersten Glieder der Finger fehlen. Der linke
Arm ist mit der zusammengebogenen Hand in der Stellung, als wenn er einen Spiefs
gegen seinen Feind ausstofsen wollte. Ist durch das Alter metallbraun angelaufen.«
Hier fehlt jede Angabe tiber die Herkunft und Erwerbung, wie denn eine solche bei
den iibrigen neun Bronzen6, welche Tux nach Ttibingen schenkte, in jenem Verzeich-

4) Vgl. Ttibingiscbe gelehrte Anzeigen 1798 S. 369;
ferner clie Promotions - Rede des Kanzlers der
Universität J. F. Lebret de museo numario ab
amicissimo viro Tuxio academiae nostrae in usus
pu,blicos legato, gedruckt Ttibingen im Sept. 1800.
40. H. F. Eisenbach, Beschreibung und Ge-
schichte der Stadt und Universität Tübingen
(Ttib. 1822) S. 480.

5) Vgl. Grtineisen a. O. S. 78 und Walz S. 75. Frei-
lich sagt ausdrücklich der von der Universität
mit der Ubernahme der Tux’schen Schenkung
beauftragte Professor Lebret in einem Schreiben
vom 21. Apr. 1798, nachdem er wiederholt der
sehr sorgfältigen Tux’schen Mtinz-Kataloge ge-
dacht hat, ‘von den tibrigen Sachen, als metallnen
Bildern u. s. w., fand sich nirgend kein Katalog
vor’. Doch konnten die wenigen Blätter, die
derselbe unrfassen mochte, leicht dem Suchenden
entgangen sein. Schon als A. Preuner im J. 1858
die Münzen und sonstigen Alterttimer der hiesi-
gen Sammlung katalogisierte, scheint dieses Tux’-
sche Verzeichnis nicht mehr vorhanden gewesen
zu sein, da Preuner nur die von Walz a. a. O.
angeführten Stellen daraus citiert. — Auch liegen
jetzt noch unter den Tux’schen Papieren zwei
Zeichnungen des Wagenlenkers (eine Bleistift-
zeichnung und eine in Tusche), welche durch
äufsere Merkmale sich als einst Tux’schen Be-
sitz erweisen.

6) Diese neun Bronzen rnögen hier kurz aufge-
zählt sein:

a) JuPpiter) sitzend, vorn obenvärts nackt,

nur Gewandzipfel von hinten über die linke
Schulter, r. Unterarm abgebrochen (er ging nach
unten und vorn), 1. Arm fehlt fast ganz (ging nach
oben und hielt wohl das Scepter), desgleichen
felrlen beide Füfse. Auch cler Sitz des Gottes
ist nicht erhalten. Höhe: 0,062 m. Ähnlich
z. B. die Wiener Statuette in Overbeck’s Kunst-
mythologie 1,122 Fig. 11 oder die Neapler in
den Antichita di Ercolano 6,87.

b) Sog. »Antinous«, stehender nackter
Jüngling, r. Standbein, 1. Spielbein, Kopf mit
ernstem Gesichtsausdruck nach r. gedreht und
gesenkt, beide Arme gesenkt, der r. im Ellen-
bogen nach vorn gehend, die r. Hand nach oben
geöffnet, der Daumen nach einwärts gebogen
(wie wenn er eine Schale am Rand damit ge-
lialten hätte), der r. Zeigefinger fehlt. Der 1.
Arm ist auch im Ellenbogen gebeugt, aber der
Unterarm viel mehr gesenkt als der r., die Hand
so als wenn sie etwas gehalten hätte (z. B. >den
Henkel eines Kruges). Höhe: 0,209 m- Ganz
ähnlich ist unserer Bronze in der ganzen Stellung
und Haltung der sog. Idolino in Florenz (abgeb.
z. B. Mus. Flor. tab. 45. 46. Vgl. Winckelmann’s
Werke 3, 189. 393), nur ist das hiesige Werk-
chen kräftiger und derber in den Verliältnissen.
Mit der r. Iland unserer Bronze, namentlich hin-
sichtlich des einwärts gekehrten Daumens, ist zu
vergleiclren die Pariser Bronze in Mon. dell Inst.
1, 58 oder Overbeck’s Plastik I3, 179 Fig. 39.
Danacli stellte unser Bildwerk ebenso wie cler
Idolino uncl die Pariser Bronze einen Opfern-
 
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