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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 1.1886

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Kalkmann, August: Aphrodite auf dem Schwan
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https://doi.org/10.11588/diglit.29675#0248

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Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.

licher Darstellungen anderer Monumente äufserte er später, dafs die allgemeine Vor-
stellung, welche dort unter eigenthümlichen lokalen Verhältnissen zur Gekung ge-
kommen sei, diesen ebenfalls zu Grunde liegen würde; suche man nach einer all-
gemeinen Bezeichnung, so böte sich am ehesten die der Aphrodite dar2. Eine
Übersicht tiber alle Darstellungen der vom Schwan getragenen Frau gab dann
Stephani3; er betonte mit Recht, dafs die Verfertiger der meisten Vasengemälde
durch Beifügung von Eroten die von einem Schwan getragene Göttin als Aphrodite
bezeichnet hätten, und er konnte sich fiir diese Deutung der Schwanenjungfrau nament-
lich auf eine etruskische Spiegelzeichnung mit der Inschrift Tziran berufen4. Brunn,
der schon friiher auf den Spiegel aufmerksam gemacht hatte, führte weiter das in
strenger schöner Zeichnung auf weifsem Grunde ausgefiihrte Innenbild einer aus
Kamiros stammenclen Trinkschale im Britischen Museum an, auf welchem die von
einem Schwan emporgetragene Göttin ebenfalls inschriftlich bezeichnet ist5. End-
lich hat Benndorf die Frage eingehend behandelt und dargethan, dafs die allge-
meine Deutung des Typus der Münzen von Kamarina auf Aphrodite vor jener von
Jahn vorgeschlagenen den Vorzug verdient, da die inschriftlich sicheren Bilder
aller ferneren Interpretation als Richtschnur dienen müfsten6. Einen wichtigen
Nachtrag. lieferte seitdem noch Stephani durch Veröffentlichung neuer Monumente7.

Jahn hatte von den inschriftlich bezeichneten Denkmälern keine Kennt-
nifs. Nichtsdestoweniger wiirde er schwerlich wiederholt auf die Nymphe Kamarina
hingewiesen haben angesichts von Denkmälern, iiber deren Bedeutung er nicht in
Zweifel sein konnte, wenn literarische Zeugnisse die Deutung auf Aphrodite nahe
gelegt hätten. Diese begriindet Jahn so: »dafs der Schwan ein ihr (der Aphrodite)
geweihtes Thier war, ist hinlänglich bezeugt; die aus dem Meer geborene Göttin,
die wo sie das Land betritt, Blumen unter ihren Fiifsen spriefsen läfst, und die
treibende Kraft des Frühlings in der ganzen Natur hervorruft, konnte sehr passend
dargestellt werden, wie sie vom Schwan, dem Vogel des Frühlings, über die Fluthen
getragen wird«8. Der dieser Deutung zu Grunde liegende Gedanke ist mehr poetisch
empfunden als folgerichtig entwickelt; täuschen wir uns nicht darüber: nicht einmal
die Voraussetzung, dafs der Schwan ein der Aphrodite geweihtes Thier war, ist
durch literarische Überlieferung »hinlänglich« gesichert.

Die Vorstellung, dafs Aphrodite auf einem Wagen, den ihre geflügejten
Fieblinge ziehen, durch die Lüfte dahingetragen werde, ist alt: Sappho giebt der
Göttin in der bekannten Ode ein Gespann von Sperlingen, und für solche Luftfahrt
erachtete man auch Tauben als geeignet9. Das Schwanengespann kommt indefs
zuerst bei römischen Dichtern vor10, wie es auch erst spät in Darstellungen der

2) Arch. Ztg. a. a. O.

3) Compte-Rendu 1863 S. 64ff.; vgl. 1864 S. 203.

4) Gerhard Etrusk. Spiegel T. 321.

°) Salzmann Nec^-opole de Camiros Pl. 60; Brunn

Bullet. dell’ Inst. 1859 S. 100. Supplement zu

Strubes Bilderkreis von Eleusis S. 14.

ö) Griech. und Sicil. Vasenbilder S. 75ff.

7) Compte-Rendti 1877 S. 246 fr.

8) Arch. Ztg. 1858 S. 236.

9) Der Komiker Pherekrates bei Athenaeos IX 395 b.
Vgl. Vofs Mytholog. Briefe II 48 S. 104.

10) Nachweise bei Vofs S. 106 ff. Stephani Co?npte-
Rendu 1863 S. 38ff. Purgolcl Arcliäol. Bemer-
kungen zu Claudian und Sidonius 80.
 
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