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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 1.1886

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Kalkmann, August: Aphrodite auf dem Schwan
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https://doi.org/10.11588/diglit.29675#0249

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Kalkmann , Aphrodite auf dem Schwan. 233

bildenden Kunst erscheint; die ältere Kunst gesellt der Göttin den Schwan als
Träger. Jenes Zusammentreffen wird um so weniger Zufall sein, als sich in der
That nicht erweisen läfst, dafs die augusteischen Dichter die Vorstellung des
Schwanenwagens aus früherer Zeit übernommen haben. Am Schlufs seiner Ars
sagt Ovid III 809:

lusus habet finem. Cygnis descendere tempus,
duxei'imt collo qui iuga nostra stio.

Wenn der Dichter, wie man gemeint hat, sich hier mit einem besonders ktihnen
Sprunge seiner Phantasie »als Sänger und Verkünder derVenus11« selbst auf ihren
Schwanenwagen versetzt, so diirfte allerdings das Bild vom Schwanenwagen nicht
erst römischen Dichtern geläufig gewesen sein. Aber der dircäische Schwan des
Horaz12 oder der teische des Antipater13 und Anderes lehrt, dafs die römischen
Dichter im Anschlufs an ihre griechischen Vorbilder vielmehr die Apollinische Be-
deutung des Schwanes im Auge haben, wenn sie ihren Gesang zum Schwanenfluge
in Beziehung setzen. Apollo fährt auf einem Schwanengeschirr (xuxvoi? etto^o?) zum
Helikon, um mit den Musen und Chariten Reihentanz aufzuftihren, so dichteten
schon Sappho und Pindar, und diese Vorstellung des von Schwänen geleiteten
Apollo haben spätere Dichter in mannigfacher Weise ausgebeutet und als Trpocprjxat,
die »des Gottes voll« sind, auf sich selbst angewendet14. Properz läfst sich von
Kalliope rathen: conte?itus ?iiveis semper vectabere cygnis (IV 3, 39 H.), Worte, in
denen man wieder mit Unrecht eine Anspielung auf das Gespann der Venus gesucht
hat. Dafs nach des Dichters Anschauung vielmehr Tauben der Göttin Tieblinge
und seine eigenen sind, welche das erotische Element seiner Dichtungen versinn-
bildlichen, erkennt man aus einer Stelle der vorhergehenden Beschreibung des
Musenhaines, auf den ihn Phöbus hingewiesen v. 31:

et Ve?ieris dominae volucres, mea turba, colu?nbae
tingunt Gorgo?iio punica rostra lacu.

Mit um so gröfserem Rechte darf man das Bild der auf einem Schwanen-
wagen fahrenden Göttin bei römischen Dichtern aus Anregungen der bildenden
Kunst erklären, als selbst bei Schriftstellern, die bewufst iiber das Verhältnifs von
Göttern zu den ihnen vorzugsweise ergebenen Thieren räsonniren, sich der Schwan
im Dienste der Aphrodite nicht nachweisen läfst. Es fällt schon auf, dafs Aeljan
in seinen Thiergeschichten nichts über das Verhältnifs des Schwans zur Liebesgöttin
vorbringt, da er iiber reiche Materialsammlungen verfügt und seine Schrift auf
mannigfache Weise auszuschmücken bemüht ist. Der Schwan beschäftigt ihn wie-
derholt, aber als Vogel des Apollo15, wogegen der Aphrodite heiliger Vogel viel-
mehr die Taube ist, was er anmuthig zu belegen weifs16. Für die über Schwan
und Taube von Aelian beiläufig vorgetragenen Ansichten giebt es noch zahlreiche

1]) Purgold 81. 14) Nachweise bei VofsII 49 S. 108 ff. Stephani

]2) Od. IV 2, 25. 31 ff. Hertzberg zu Properz II 34, 83.

13) Anth. Pal. VII 30. 13) II 32. XI 1. XIV 13.

1C) IV 2. X 33; vgl. Athen. IX 394 F ff. Auch die Schwalbe nennt Aelian X 34.
 
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