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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 1.1886

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Kalkmann, August: Aphrodite auf dem Schwan
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https://doi.org/10.11588/diglit.29675#0250

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234 Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.

literarische Belege'7; der Taube speciell als Liebling der Liebesgöttin hat sich
ätiologische Sagenforschung bemächtigt18. Auch in eigentlich mythologischen Er-
örterungen erscheint der Schwan als Vogel der Aphrodite nicht. Als solchen be-
handelte Apollodor in seinem Buch izspl hsoiv wiederum die Taube19, und in diesem
Sinne erscheint auch in späteren Ablagerungen mythologischer Gelehrsamkeit die
Taube wiederholt als Gegenstand allegorischer Deutelei, während der Schwan als
dem Apollo geheiligt betrachtet wird, so namentlich bei Cornutus20, was demnach
auch die Ansicht Apollodors gewesen sein diirfte. Statt der Taube nennt Eustath
einmal, wo er sich iiber Vögel ausläfst, die einzelnem Göttern geheiligt waren, das
Wasserhuhn, aber gegensätzlich dazu wieder den Schwan als Vogel des Apollo21,
während Plutarch in einer Erörterung iiber Lieblingsthiere der Götter vielmehr den
Raben als dem Apollo, die Taube indefs als der Aphrodite geheiligt betrachtet22.
Gerade der Umstand, dafs die Ansichten älterer Mythologen vielfach gebrochen und
in mannigfachen Verästelungen auf uns gekommen sind, verbietet das Stillschweigen
iiber den Schwan im Dienste der Aphrodite fiir zufällig zu halten.

Dafs sich in der bildenden Kunst eine Vorstellung erhalten hat, welche in
der Literatur verblafste, kann bei der Zähigkeit, mit der jene auch sonst am iiber-
lieferten Typenschatz festhält, nicht Wunder nehmen; aber die Thatsache ihres Ver-
schwindens in der literarischen Überlieferung ist beachtenswerth. Wenn der Schwan
auf Grund einer durchsichtigen Symbolik der Liebesgöttin zugeeignet worden wäre,
wie z. B. die Taube, wiirde er sich neben dieser behauptet haben. Eigenschaften,
wie auffallende Fruchtbarkeit und Begattungstrieb, welche Tauben ein Anrecht dar-
auf geben, im Gefolge der Liebesgöttin zu erscheinen, besitzt der Schwan thatsäch-
lich nicht nur nicht23, sondern es fabelt auch kein antiker Schriftsteller dariiber24.
Das Thier der Hetären ist die Taube25, und nicht der Schwan. Mit Unrecht wiirde
man also aus dem Leda-Mythus folgern, dafs der Schwan fiir besonders liistern
galt; auch ist gerade die aphrodisische Seite dieser Sage in der Literatur niemals
wie bei verwandten Liebesabenteuern besonders hervorgehoben und ausgemalt wor-
den, während sie in den Darstellungen der bildenden Kunst erst spät hervortritt26,
und es frägt sich, ob der Schwan iiberhaupt das Ursprüngliche war. Ebenso wiirde
sicher fehl gehen, wer die Beziehung des Schwanes zur Göttin aus ihrer Anwalt-
schaft iiber das Meer erklären wollte; lag ein so durchsichtiger und greifbarer Ge-
danke zu Grunde, wie konnte das Verständnifs dafiir verloren gehen, bis zu dem

1T) Zum Schwan vgl. Stephani 28, zur Taube Engel
Kypros i82ff. u. A.

18) Schol. Stat. Theb. IV 226. Mythogr. Vatic. I 175.
II 33-

19) Schol. Apoll. Rhod. III 549. F. H. G. I 431, 19.

20) c. 24 S. 46 L.; c. 32 S. 68 L. Zur Taube vgl.

Tzetzes Lyk. 87. Etym. Magn. 664, 53. Mytli.
Vatic. III. 11, zum Schwan Schol. und Tzetzes
Lyk. 426. Eustath II. 87, 13. 449, 2.

21) II. 87, ioff.

22) Is. Os. 71. Über andere der Aplirodite ge-
heiligte Thiere vgl. auch Engel Kypros II 185 ff.

23) Brehrn Thierleben II 3 S. 442.

24) Vgl. Aristot. anim. hist. IX 13. Aelian X 36
XVII 24. Oppian Ixieut. II 19.

23) Welcker Gr. Götterl. II 716.

26) Jahn Archäol. Beiträge 1 ff.
 
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