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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 9.1894

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Heft 4
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Winter, Franz: Mithridates VI Eupator
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Klein, Wilhelm: Die Pseliumene des Praxiteles
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https://doi.org/10.11588/diglit.38777#0262
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248

Klein, Die Pseliumene des Praxiteles.

Wenn die vorgetragene Deutung des Porträts richtig ist, so läfst sich der
Kopf fast bis auf’s Jahr datiren. Er stammt aus der Zeit der grofsen Rhodischen
Kunstbliithe, die kürzlich durch die epigraphischen Untersuchungen von Holleaux8
und Hiller von Gaertringen9 schärfer, als es bisher möglich war, umgrenzt ist, aus
derselben Zeit, die den Laokoon hervorgebracht hat. Er zeigt uns, auf welcher
Höhe sich die griechische Porträtkunst auch in ihren letzten Werken noch er-
halten hat.
Berlin. Franz Winter.

DIE PSELIUMENE DES PRAXITELES
(Tafel 9)
Die Bronzestatuette einer nackten Aphrodite (0,27 M.) der Sammlung Edward
Habich’s in Kassel, die wir durch das gütige Entgegenkommen des Besitzers auf
Tafel 9 zu veröffentlichen in der Lage sind., befindet sich derzeit in Verwahrung
des Kasseler Museum Fridericianum, wo Autor vor Kurzem das Original, dank
Director Dr. Eisenmanns Liebenswürdigkeit, einem eingehenden Studium unterziehen
konnte. Die Erhaltung ist vollständig, nur die starke Incrustirung stört leider
den Genufs des Werkes, dessen Schönheit allein schon ihm einen hohen Rang
unter seinesgleichen anweist. Dazu kommt noch seine unleugbare kunstgeschicht-
liche Bedeutung.
Kein Künstlername ist uns vor einem plastischen Bilde der unbekleideten
Aphrodite so rasch zur Hand wie der des Praxiteles, meist freilich nur um ebenso
rasch wieder zu verschwinden. Hier hält er Stand, er kündet sich, je schärfer wir
Zusehen, immer bestimmter als ein Stück der Lösung dieses Räthsels an. Praxi-
telische Kennzeichen treten hier in der Gesammtanlage wie im Einzelnen klar her-
vor. Die Stellung hat ihre nächste Analogie im einschenkenden Satyr, das linke
Bein trägt als Standbein die Körperlast, das rechte weicht, im Knie leicht gebogen,
zurück. Der auf starkem Contrapost aufgebaute Rhythmus der Linienführung wett-
eifert an Kraft wie an Reichthum der Modulation mit der ganzen Reihe der bron-
zenen Jugendgestalten unseres Meisters. Die Körperbehandlung gemahnt deutlich
an die Knidierin, namentlich die Behandlung der Brüste und die Beckenbreite. Vor
allem aber der Kopf. Denkt man sich die mit einem fein gravirten Ornament ver-

8) Revue de Philologie XVII 1893 S. 171 ff-
9) Jahrbuch des Instituts 1S94 S. 23 ff.
 
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