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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 22.1907

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Pfuhl, Ernst: Zur Darstellung von Buchrollen auf Grabreliefs
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https://doi.org/10.11588/diglit.44282#0140
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E. Pfuhl, Zur Darstellung von Buchrollen auf Grabreliefs.

halten: ein Mittelding zwischen dem einfachen Halten und dem Hinreichen der
Rolle. 49
Was die Darstellung des Lesens auf Grabreliefs betrifft, so ist dem oben
bei Besprechung der Totenmahle Gesagten wenig hinzuzufügen. Das schöne atti-
sche Relief in Grottaferrata bildet Birt ab, dagegen scheint ihm das merkwürdige
Relief des rhodischen Schulmeisters Hieronymos entgangen zu sein. 5° Ich ver-
weise ferner auf zwei Grabsteine in Naxos und Paros, die nichts Neues lehren, 5*
dann auf ein Relief in Ägina52, auf welchem der allein Sitzende angeblich die ge-
öffnete Rolle in der halb erhobenen Rechten hält (vgl. Abb. n). Eine wohl
smyrnäische Stele in Lowther Castle zeigt Mann und Frau einander gegenüber
sitzend, zwischen ihnen einen dem Manne zugewendeten Knaben, der »aus einer
Rolle zu lesen scheint« — oder hält er die Rolle nur dem Manne hin?53 Man
denkt dabei an den von Birt S. 173 herangezogenen Grabstein des Soterichus
paedagogus. Einen Pädagogen mit seinem Zögling, keinen Mann mit Lesediener,
stellt übrigens auch die Terrakotta dar, die Birt auf S. 172 abbildet. 54 Das dort
erscheinende Lesepult zeigt auch ein Grabrelief aus der Kaiserzeit, Abb. 12 55:
ein kleines Mädchen sitzt auf einem Klappstuhle und schreibt in einem auf ihrem
Schoß liegenden Diptychon; ein daneben sitzender Hund macht sich mit der Pfote
bemerklich. Das Lesepult mit Säulenschaft trägt eine offene Rolle; es steht zu
weit abseits und zu schräg, als daß das Mädchen daraus lesen könnte. 56 — Ein
stehender Mann mit einem offenen Diptychon findet sich auf einem späten, sehr
rohen Grabrelief aus Paros.57 Er hält das breite.Ende des Griffels nach unten,
dicht an der Seite, die auf seiner Hand liegt, als ob er das Geschriebene läse und

tenden (nicht trauernden!) Dienern, die dabei in
der freien Hand oft noch etwas halten, z. B. die
Schöpfkelle (beim Totenmahl), gelegentlich auch
die Rolle (Rheneia-Corfu Phot. G. R. 695).
Aber auch bei Erwachsenen findet sich das Mo-
tiv, z. B. Michaelis, Ancient Marbles S. 495
Nr. 52, Phot. W. A. Lowther Castle 2, Amer.
Journ. 1895 S. 480, und bei drei unveröffent-
lichten Reliefs in Smyrna. — Stele aus
Rheneia in Corfii, Phot. G. R. 696: der
Diener hinten am Stuhl eines sitzenden
Mannes, der einer stehenden Frau die Hand
gibt. — Stele aus Kos, Phot. 15: Handschlag
von Mann und Frau, zwischen ihnen eine
kleine Dienerin, die der Frau eine Rolle hoch-
streckt.
49) Jahrbuch XX 1905 S. 51 Nr. 2; Konstantinopel,
Ottoman. Museum, Phot. 154.
5°) Hiller v. Gaertringen und Robert, Hermes 1902
S. i2iff., Brunn-Bruckmann T. 579 (Sauer).
51) Athenische Mitt. XXI 1896 S. 224f. und Phot.
Paros, 225, wo der Lesende die Rolle frei vor

sich hält — wenn ich die sehr zerstörte Dar-
stellung richtig verstehe.
52) Expedition de Moree III Inscr. p. 31 Nr. 1,
Skizze im Apparat. 1903 war das Relief in Ägina
nicht aufzufinden.
53) Michaelis, S. 495 Nr. 53. Zu vergleichen wäre
vielleicht eine Stele in Zante, Phot. G. R. 703,
wo neben einer thronenden Frau von vorn ein
Knabe steht, der eine Rolle zu öffnen scheint.
— Das Relief in Venedig Dütschke V Nr. 255
ist modern.
54) Winter, Typenkatalog II S. 405, 7. Der Typus
ist durchaus der des Pädagogen.
55) British Museum Catalogue Nr. 649.
56) Wäre eine Abschreibeszene gemeint, so hätte der
Steinmetz das doch wohl etwas deutlicher ge-
macht. Zugrunde liegen mag ein solcher Ty-
pus, aber hier steht das Pult nur »parataktisch«
daneben; der Hund dagegen ist in die Hand-
lung einbezogen. Lesen, Schreiben und Spielen
füllen das Dasein der Kleinen aus.
57) Phot. Paros 137. Arch.-ep. Mitt. XI S. 175.
 
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