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Justi, Carl
Winckelmann, sein Leben, seine Werke und seine Zeitgenossen: mit Skizzen zur Kunst- und Gelehrtengeschichte des 18. Jahrhunderts (Band 1): Winckelmann in Deutschland — Leipzig, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.5984#0351
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Viertes Capitel.

Ein Jahr in Dresdcn.

Jm Anfang §?ctober sicdelte Winckelniann nach Drcsden über. Znerst
bezeg er eine tapezirte Stube mit Kammer nnd Vvrzimmer für scchs Thaler
monatlich. Als er aber auf zwei Briefe ans Warschan keine Antwort erhiclt,
fand er. räthlich, seine Wirthschaft einznschränken. Es war an cincm Novem-
bertag, als er mit dem Maler Oeser zusammentraf. Oeser war mit dem
Bünanschen Hause wohlbekannt und wnrde bald nachhcr mit der Ausmalnng
des Lchloffes in Dahlen beanftragt: hicr fand er anch während des Kriegs
eine Zuflucht. Zhm erösfnet Winckelmann seine siage: Oeser bictet ihm soglcich
ein Zimmer in seiner Wohnnng an: er pflcgte Pensionäre, die sich für die
Malerei ausbilden wollten, zu sich zu nehmeu.

So wohnt Winckelmann denn seit dem ersten December 175-1 für dritte-
halb Thalcr in einem Stübchen des vierten Stocks in der damaligen Großcn
Frauengaffe; im Frühjahr des folgenden Zahres zog er mit Oescr nach dcr
Nenstadt Dresden. Hier, in eincm Hause, welches dem Lippertschen schräg ge-
genüber lag, hat er seine „Gedanken über die Nachahmung" geschriebcn. — *)

Dieß Jahr in Treöden ist das bedeutendste und entscheidendste in Winckel-
manns ganzem Leben.

Tie Stimmung, mit der er ankani, war eine Stimmung volltommener
Resignation: eine Folge der Abspannung nach den hestigen Willens- und Gc-
müthsanfregungen der vorhergegangencn Tage. Jn der Weichmüthigkeit dcr
Krankheit sehnte er sich zuweilen nach dem Tode; es gab Stnnden, wo er
rief, „Mein Gott, ich wollte gern stcrben, mit großer Wvllnst der Secle;
soweit habe ich es in der That und Wahrheit gebracht!" i17. Septembcr I751>.
Aber in der bitteni Schale der Resignation war die kostliche Frucht dcr Ge-

*> DaS erstc Hau» acbörtc dem Stall Posamciitier Jol>. Gotllicb Rictzschcl, eS
ist daS fünfstöckigc Haus Ro. 17 dcr jctzigcn Gallcricstratzc, mit der Jnschrist: „Ps. >>8:
Es ist gut, auf dcn Herrn vcrtraueii/' DaS zweitc Hans gchörtc dcm Hr. j»r. uiid
RcchtSeoiisulcnlcn Zoh. Christoph Richtcr, cS ist daS drcistöckigc HauS nnt Dachstübchcn
No. l7 dcr jtöingSstraßc. lAuS urkuiidlichen Mitthcilungen dcr Hcrrcn Dictrich n»d
A, HcinsiuS in DrcSdcn.l
 
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