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22 . KREIS MOSBACH.

Neu-Ausstattung der älteren Theile fortgefahren, die Prälatur mit den reichen Rococo-
Stuccaturen, die Kirche mit dem prunkvollen Chorgestühl und der neuen Orgel, sowie
die Sacristei mit neuen Schränken, Kelchen und Paramenten versehen. Sogar die alte
Andreaskapelle bei der oberen Pforte musste im Jahre 1773 einem prächtigen
Gewächshause weichen. Wir hören von Errichtung eines neuen Badhauses; auf
dem Wagenbitch und Schafhof werden neue Wohngebäude, auf dem Dürrhof
eine Scheune nebst Absteigequartier errichtet, ebenso in Breitenau, wo 1773 auch
eine neue Brücke über die Erff hergestellt wird, und so fort. Was wir sonst von den
wissenschaftlichen Interessen dieses Abtes, von seiner Liebe zur Musik, seiner fried-
fertigen Gesinnung und gewinnenden Persönlichkeit erfahren, lässt uns seine Beliebtheit
unter den Brüdern erklärlich und die ehrenvolle Nachrede berechtigt erscheinen, die ihm
sein Nachfolger, Heinrich V. Göbhard (1783—1803) in seiner Historia domestica
zu Theil werden lässt. Auf den Letztgenannten geht u. A. die Neuausstattung des Gottes-
hauses mit der grossen Orgel und den 6 Beichtstühlen, die Errichtung einiger Nützlich-
keitsbauten wie der Brennerei an Stelle des ehemaligen hinteren Thorhauses., sowie der
schräg gegenüberliegenden neuen Bäckerei und Schmiede zurück; wir erfahren unter
ihm von Neuanschaffung von Glocken, die grosse Kirchenuhr trägt seine Initialien.

43 Mitglieder hatte der Convent gezählt, der Abt Heinrich V. erwählt hatte.
Macht und Ansehen des alten Tauberklosters schienen fester als je begründet, da stieg
die Sonne der neuen Zeit empor, und die alte Herrlichkeit sank in Trümmer. Aus der
Schilderung G. Müllers in seinem von uns vielfach benützten Aufsatze in der Cister-
cienser-Chronik ist zu ersehen, wie die churfürstliche Regierung in Mainz bereits im
Jahre 1798 mit dem Gedanken umgegangen war, mit andern Klöstern auch Bronnbach
zu eigenem Vortheil zu säcularisiren. Der Reichsrecess vom 25. Februar 1803 bereitete
aber den mächtigen geistlichen Fürstenthümern und den reichen Domkapiteln selbst
ein Ende, und so fiel Bronnbach dem Fürsten zu Löwenstein-Wertheim-
Rosenberg zu, in dessen Besitz es sich heute noch befindet. Am 30. April 1803
verliess Göbhard, der 52. und letzte Abt von Bronnbach die altehrwürdige Stätte im
Taubergrund.

Bronnbach ist während seines nunmehr sieben und ein halb Jahrhunderte um-
fassenden Bestehens wiederholt von schweren Schicksalsschlägen, besonders auch der
Kriegsfurie heimgesucht worden, im Ganzen aber doch wie wenige Klöster Süddeutsch-
lands erhalten geblieben.

Der alte Baukomplex ist trotz arger Vernachlässigung und mancherlei Beschädigung
in neuester Zeit in der Hauptsache noch vollständig vorhanden, in einzelnen Theilen
(Kirche, Abteibau, Kapitelsaal, Cellarium etc.) sogar überraschend gut erhalten. Wie
wir gesehen haben, sind leider die Bauwerke der guten gothischen Zeit fast sämmtlich
durch spätere Neu- und Umbauten zerstört worden, im Uebrigen finden sich aber alle
Stilperioden an den Klosterbauten vertreten von der Zeit der Gründung, also der
Blüthezeit des romanischen Stiles an bis auf die Zeit, da der Barock die Herrschaft
führte und sich in der Dekorationsweise des Rococo zum tollsten Formen-Uebermuthe
aufschwang. Am schwächsten ist die deutsche Renaissance vertreten, da gerade in
diese Periode die schwersten Zeiten des Klosters fallen.

Während wir in der Kirche eines der interessantesten und gross-
artigsten Gotteshäuser des spätromanischen Stils in Süddeutsch-
 
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