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AMT WERTHEIM. — BRONNBACH e *

Die Ausgangsstelle für die letzte umfassende Erneuerung ist wohl der Westflügel.
Als hier nämlich Abt Wigand Mayer (1578—1602) über dem alten romanischen
Cellarium und Laien-Refectorium die beiden Obergeschosse neu aufführte, in die die
Abtei verlegt wurde, sind aus naheliegenden Gründen die Gewölbe des anstossenden
Kreuzganges sammt dem Dache zunächst entfernt worden, um später neu hergestellt zu
werden. Den Endpunkt dieser Arbeiten bezeichnet die Jahreszahl 1608 mit den Initialen
und dem Wappen des Abtes Sebastian Ulrich (1602—1626), des Nachfolgers des
Wigand Mayer, am Schlussstein des Gewölbes im Joche/". (Wenn L. Krämer 1. c.
pg. 76 vom Abt Seb.Udalricus schreibt: partem Peristily prope Clausuram aedificavit,
so ist hieraus an und für sich nichts zu entnehmen, da nicht bekannt ist, welcher Bautheil
damals im Besondern den Namen Clausura führte; gemeint ist jedenfalls der Westflügel).
Was dazu veranlasst haben mag, die Restauration auch auf den ganzen Südflügel aus-
zudehnen, entzieht sich unserer Kenntniss, vielleicht Baufälligkeit, vielleicht der Wunsch
nach Einheitlichkeit.

Unter Beibehaltung der Gewölbepfeiler an der Fensterwand (s. oben S. 51) führte
man an der Rückwand des Westflügels nach Muster der ersten Joche des Ostflügels
schlanke Säulen auf, die jetzt entfernt und von denen nur noch die Capitelle, consolen-
artig in der Wand sitzend, zu sehen sind. An Stelle der kräftigen Gurtbogen fügte man
schlanke Rippen ein, statt des Birnenprofils der Letztern durchweg die einfache und gedop-
pelte Kehlform der Spätzeit. Die auffälligste Abweichung von den älteren Gewölben bietet
aber die Bogenführung der Rippen und Kappen. Die Anfallslinie am Kämpfer ist nämlich
eine schräge, keine tangentiale. Dadurch entstehen spitze und stumpfe Winkel der Grate
und Rippen, die den ruhigen Fluss der. Linien störend unterbrechen. Bei den Fenster-
pfeilern bedurfte es hierfür besonderer Auf lagerstücke, gegen welche die Rippen anlaufen,
eines Kämpfersteins, der in gleicher Weise bei allen Gewölben bis 0 wiederkehrt und
einen weiteren Beweis für die gleichzeitige Entstehung aller Joche von a bis 0 liefert.
Daneben stimmen auch die Form der Rippen und die Wölbungsweise der Kappen überein,
während die Säulen an der Rückwand des Südflügels weggefallen und roh und flüchtig
gearbeitete Consolen an deren Stelle getreten sind. Ein Theil von ihnen (bes. am östlichen
Ende) ist dabei aus Sparsamkeit, anscheinend aus vorhandenen älteren Capitellen zurecht-
gehauen; die meisten sind aber zu klein gerathen und ebenso stillos wie flüchtig gearbeitet.
Man sieht aus Allem, dass der Renaissance-Meister sich vergebens mit der gothischen
Formensprache und Constructionsweise abmühte, die guten gothischen Traditionen längst
geschwunden waren. Die Schlusssteine sind als wirkliche Kreuzungssteine zwischen den
Rippen eingefügt, aber nicht überall vorhanden und auch nur zum Theil mit flachem
Ornament, Rose, Muschel, Stern oder den Theilen des Bronnbacher Wappens verziert.
Ausser auf dem erwähnten wichtigen Schlussstein in Joch f (Wappen und Jahreszahl) ist
auch auf dem in Joch a befindlichen eine verschnörkelte Inschrift zu sehen, die sich aber
trotz Reinigung von Farbe und Tünche nicht hat entziffern lassen. Es scheint sich um
eine vierstellige Jahreszahl zu handeln mit gothischen Trennungsschnörkeln zwischen den
einzelnen Buchstaben.

Bei der Eintheilung der Gewölbe gelegentlich der besprochenen letzten Restauration
boten die in den alten Mauern vorhandenen Thür-Oeffnungen (wie im Ostflügel) mancherlei
Schwierigkeiten. So entstanden im Westflügel die verschobenen Grundrissformen von^
und k, während im Südflügel kein einziger Gurtbogen rechtwinklig gegen die Mauer
 
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