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25°

KREIS MOSBACH.

endete, und sich ein Querschiff vorgelegt hat, das beim Neubau in Wegfall gekommen
ist. Letzterer hat, wie wir sehen werden, im Westen seinen Anfang genommen. Der alte
romanische Chor konnte also stehen bleiben, bis das Langhaus vollendet war. Die An-
bringung der Bau-Inschrift, in der der spätere Beginn des Chorbaues besonders gemeldet
wird, verliert bei dieser Auffassung alles auffällige, ebenso die grössere Spannweite (6,20 m)
des letzten Bogenpaares, die der Weite des ehemaligen Querschiffes entsprechen mag.

Obige Annahme, dass der Bau im Westen begonnen habe, stützt sich hauptsächlich
auf das Vorhandensein eines auffälligen Rücksprunges der Arkadenmauer beim
vorletzten Pfeiler der Nordseite, wofür sich als beste Erklärung ergiebt, dass man mit
der von der Westseite aus eingeschlagenen Arkaden-Fluchtlinie allmählig zu weit
nach der Mitte gelangt war und nun die falsche Richtung durch den erwähnten Absatz
korrigiren musste. Auf der Südseite ist dieser Richtungsfehler zwar vermieden worden,
merkwürdigerweise befindet sich hier aber genau der Absatz-Stelle der Nordseite gegen-
über eine senkrechte Trennungsfuge im Mauerwerk, die nur durch einige, zum Zwecke
des Verbandes mit dem späteren Mauerwerk angebrachte Bindersteine unterbrochen
wird. Noch vor Vollendung des Chores scheint ferner der Wunsch aufgetreten zu
sein, die Wölbung desselben weiter hinaufzuführen, als iu-sprünglich beabsichtigt war.
Man sieht nämlich deutlich am Triumphbogen (vergl. Tafel XII), wie zu diesem Zwecke
eine nachträgliche Erhöhung des Gewändes vom ursprünglichen Kämpfer aus um über
2 m vorgenommen worden ist. Natürlich musste hiermit eine Erhöhung des Mittelschiffs
Hand in Hand gehen, da sonst dessen Decke den Triumphbogen unterhalb des Scheitels
geschnitten haben würde. Der Umstand, dass in dem vom Dachboden der Seitenschiffe
aus gut kontrollirbaren Mauerwerk über den Arkaden nirgends zugemauerte ehemalige
Oeffnungen zu entdecken sind (abgesehen von zwei unerklärlichen Rundbogen in der
Nordmauer) beweist aber, dass diese Umänderung vorgenommen worden ist, noch ehe der
Lichtgaden begonnen worden war. Die Stelle, wo die ursprünglich in Aussicht genommene
Decke aufgelagert haben würde, entspricht ungefähr dem jetzigen Mauerabsatz unterhalb
der Fenster-Sohlbank. Die Wand springt hier um etwa 0,30 m zurück. Der Zweck der
Verminderung der Mauerstärke in dem erhöhten Theile war offenbar, die Last der Pfeiler
zu verkleinern, die wahrscheinlich, ihren unregelmässigen Intervallen und ihren ungenauen
Fluchtlinien nach zu urtheilen, auf den alten Fundamenten errichtet sind. In Folge des
erwähnten Rückspringens der Nord-Mauer beim zweiten Pfeiler läuft sich hier der Absatz
an der betr. Ecke todt, d.h. die Arkadenwand steigt hier von unten auf glatt, ohne
Unterbrechung empor. Die grossen Spitzbogen - Fenster des Lichtgadens sind ohne
Rücksicht auf die Arkadenbögen in ungleichen Abständen angeordnet. Einigermassen
verwunderlich ist, dass man bei einem so stattlichen Werke von vornherein auf die
Wölbung des Langhauses verzichtet hat. Die Mittel scheinen knapp gewesen, und aus
diesem Grunde auch alle Gliederungen bei Pfeilern und Bögen weggelassen zu sein.
Die Wirkung des Schiffes ist in Folge dessen eine nüchterne und stillose; einen
gewissen Eindruck macht nur die Höhe des Mittel-Raumes, während die Seitenschiffe
in Folge der Theilung mittelst Emporen gedrückt und verbaut erscheinen. Die
Formen dieser hölzernen, kunstlosen Einbauten und der nachträglich eingebrochenen,
viereckigen unteren Seitenschiff-Fenster weisen auf das XVIII. Jh. hin. Die Orgel-Empore
im Westen, zu der in den Ecken je eine Treppe hinaufführt, gehört anscheinend der-
selben Zeit an.
 
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