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Keller, Erwin; Ziegelmayer, Gerfried; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Das spätrömische Gräberfeld von Neuburg an der Donau — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 40: Kallmünz/​Opf.: Lassleben, 1979

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70705#0021

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ALLGEMEINE CHARAKTERISIERUNG DES SPÄTRÖMISCHEN
GRÄBERFELDES

Die im Garten des Neuburger Studienseminars auf-
gedeckte Nekropole, deren südwestliche Entfernung
vom Stadtbergkastell nur rund 250 Luftlinienme-
ter beträgt (Taf. 1 a, 4. 8; 17; Abb. 6 a), liegt auf
dem südlichen Hochufer der Donau, das nach Osten
und Süden flach einfällt. Gegen Norden senkt es
sich im Friedhofsbereich mit mäßiger, weiter west-
wärts jedoch mit steiler Neigung zur Stromniede-
rung ab. Durch Planierungen, die bei der Umwand-
lung des Gräberfeldgeländes in Ballspielanlagen
und in eine Gärtnerei stattfanden, wurde das Ter-
rain im Kuppenbereich abgeschürft und der Ab-
raum im Norden und Süden auf die sich abdachen-
den Hänge verteilt, so daß eine nahezu ebene Flä-
che entstand. Hinweise auf die Existenz des Be-
stattungsplatzes gibt es seit 1952, als man beim
Aufstellen von Basketballkörben auf ein mensch-
liches Skelett stieß 27. Zu systematischen Ausgra-
bungen kam es jedoch erst durch erneute Skelett-
und zeitbestimmende Sachfunde, die im Oktober
1968 und im April 1969 beim Fundamentaushub für
einen Turnhallenneubau des Descartes-Gymnasium
gemacht wurden. Diese Untersuchungen, die der
Verf. zusammen mit J. A. Priller als Grabungstech-
niker und Kreisheimatpfleger M. Eckstein durch-
führte, dauerten mit Unterbrechungen von Mai
1969 bis Mai 1971 an. Die Abdeckung der 50—
60 cm starken Humusdecke erfolgte maschinell, jene
der bis zu 20 cm mächtigen Kontaktschicht zwischen
Humus und gewachsenem Boden von Hand. Erst
in dieser Tiefe waren die Grabumrisse erkenn- und
meßbar. Der unberührte Boden bestand aus hellem
Staublehm, in welchem sich die Grabschächte und
Moderspuren vergangener Holzsärge vorzüglich

abhoben. Beim Fortgang der Arbeiten zeigte sich
jedoch, daß das Areal sowohl in den der Spätanti-
ke vorausgehenden 28 als auch in den auf sie fol-
genden Perioden 29 siedlungsmäßig intensiv genutzt
worden war, wobei eine beträchtliche Zahl spät-
römischer Körpergräber durch Baumaßnahmen des
ausgehenden Mittelalters, durch neuzeitliche Ka-
belgräben und andere Bodeneingriffe zu Schaden
kam. Ein übriges zur Verunklärung wichtiger Be-
funde tat die tiefreichende Humusbildung im Wur-
zelbereich von mittlerweile gefällten Kastanien-
bäumen, welche den Parkweg am Südrand des
Gräberfeldes säumten (vgl. Taf. 13).
Das Untersuchungsergebnis belief sich auf 133 Be-
stattungen in 130 Gräbern, von denen allerdings
nur 38 Beigaben enthielten, was einem Anteil von
knapp 30 % gleichkommt. Da beim Bau der Turn-
halle etwa zehn Gräber zerstört worden sein dürf-
ten und wohl weitere zehn unter dem inzwischen
abgebrochenen Pavillon am Westrand der Nekro-
pole (vgl. Taf. 13) und unter den Baumreihen, die
seinerzeit den Parkweg einfaßten, nicht zugänglich
waren 30, kann man die Gesamtgräberzahl des
Friedhofes auf etwa 150 schätzen. Die ostwestliche
Erstreckung des Gräberfeldes betrug knapp 60 m,
die nordsüdliche etwa 30 m. Hervorzuheben sind
eine Doppel- und eine Dreierbestattung (32 a-b,
34 a-c) sowie zwei Bestattungen von Mutter und
Kind (14, 28). Als Besonderheiten wären auch die
Hiebverletzungen an den Männerskeletten 47 (Taf.
10, 47) und 62 (Taf. 22, 6), der enthauptete Mann
aus Grab 26 (Taf. 10, 26; 22, 5) sowie die Tatsache
zu vermerken, daß der Mann aus Grab 48 durch
Pfeilschüsse starb, die ihn von hinten in Brust und

27) Eckstein, NKbl. 107, 1953, 91.

28) Neolithische Grubenfunde stammen aus den nördlich und westlich des Gewächshauses eingebrachten Kontroll-
schnitten, urnenfelderzeitliches Material liegt aus dem südlichen Gräberfeldbereich vor (vgl. Taf. 13).

29) Eine Siedlung der späten Merowinger- und der Karolingerzeit, die sog. Burgheimer Keramik ergab, endete
knapp vor der östlichen Gräberfeldgrenze.

30) Mittlerweile sind auf dem Gräberfeldgelände moderne Sportanlagen erbaut worden, denen im Westen der
Nekropole der Pavillon, im Süden die Kastanienallee zum Opfer fielen. Da diese Maßnahmen ohne Einschal-
tung der Bodendenkmalpflege vor sich gingen, ist die Chance, den Bestattungsplatz auch in diesen Teilbereichen
untersuchen zu können, endgültig vertan worden.

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