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Keller, Erwin; Ziegelmayer, Gerfried; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Mitarb.]
Das spätrömische Gräberfeld von Neuburg an der Donau — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 40: Kallmünz/​Opf.: Lassleben, 1979

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.70705#0101

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region zum Ausdruck. Eine Sonderstellung nimmt
in dieser Region der Schädel aus Grab 60 ein (Taf.
25), er fügt sich mit seiner Merkmalskombination
sehr viel besser in die Variabilität der Skelette aus
Zone 2 ein.
Die Schädel aus Zone 3 haben häufig eine stark
betonte Glabellaregion (Tafel 25 und 28). Die Pro-
filansicht zeigt, daß die Nasenwurzelregion zum
Teil relativ flachbogig verläuft (Grab 117 und 129)
zum Teil aber stärker eingezogen ist (Grab 124)
und daß die Gehirnschädel relativ hoch sind (117
und 124).
Die steile Schädelform ergibt sich auch aus der
Norma occipitalis (Taf. 31). Die Seitenwände der
Schädel sind leicht ausgewölbt, so daß der Umriß
dieser Schädel in der Ansicht von hinten eine in
den anderen Zonen des Gräberfeldes nicht vor-
kommende, fast hoch ovale Begrenzung zeigt
(Grab 124, 129). Auch in der Horizontalebene
(Taf. 34) zeigen die Schädel der Zone 3 als auf-
fälliges Merkmal eine fast gleichmäßig ovale Be-
grenzung. Der Schädel aus Grab 60 nimmt auch
hier eine Sonderstellung ein.
Weibliche Schädel sind in den Taf. 35—38 wieder-
gegeben. Da es sich für Zone 1 nur um zwei, für
die beiden anderen Zonen nur um einen Schädel
handelt, ist natürlich die jeweilige Merkmalskom-
bination zufällig bedingt. Die Zahl der in den ein-
zelnen Zonen des Gräberfeldes gut erhaltenen weib-
lichen Schädel ist auch zu gering um eine Aussage
über die individuelle Variabilität innerhalb der
Gruppen machen zu können.
Für Zone 1 sind zwei Schädel wiedergegeben, die
aus den sowohl elbgermanische als auch provinzial-
römische Beigaben führenden Gräbern 13 und 73
stammen (Taf. 35 und 36). Dennoch sind deutliche
morphologische Unterschiede ausgeprägt, insbeson-
dere hinsichtlich der Gehirnschädelform, aber auch
hinsichtlich verschiedener Gesichtsmerkmale wie
Orbitaform oder Oberkiefer-Jochbogenbereich, das
Jochbein ist bei Schädel 13 sehr viel kräftiger aus-
gebildet. Für Zone 2 ist der aus dem beigaben-
losen Grab 107 stammende Schädel abgebildet, für
Zone 3 der Schädel aus den mit provinzialrömi-

schem und ostgermanischem Fundgut ausgestatte-
ten Grab 116 (Taf. 37 und 38). Beide Schädel
weisen aber, obwohl sie aus verschiedenen Bele-
gungszonen stammen und ihre Gräber unterschied-
liche Beigaben führen, Ähnlichkeiten auf in Merk-
malen des Gehirnkopfs und auch in Merkmalskom-
plexen des Gesichts, wie etwa Orbita und Nasen-
form
Im Hinblick auf die große individuelle Variabilität
innerhalb menschlicher Populationen lassen sich
aber aufgrund der geringen Zahl von Schädeln aus
diesen Befunden eindeutige Schlüsse auf eine Grup-
penzugehörigkeit der weiblichen Skelette nicht
ziehen.
Für die Männer aus dem Gräberfeld von Neuburg
zeigen also die deskriptiven Merkmale sowohl am
Gehirnschädel als auch am Gesichtsschädel in ihrer
Häufigkeit eindeutige Gruppenunterschiede zwi-
schen den Skeletten aus den 3 Belegungszonen. In
Zone 1 finden sich, im Gegensatz zu den Zonen 2
und 3 gehäuft Merkmalsausprägungen, wie sie auch
bei den Alamannen, zum Beispiel bei der Skelett-
population von Epfach vorkommen. Die Hypo-
these, die Männer der Zone 1 seien Angehörige ei-
ner anderen Population als die der Zonen 2 und 3,
für die schon die Auswertung der metrischen Merk-
male konkrete Anhaltspunkte gab, wird so weiter
gestützt. Darüber hinaus zeigen aber die deskrip-
tiven Merkmale sowohl am Gehirnkopf wie auch
im Gesichtsbereich eindrucksvoll, daß sich auch die
Männer der Zonen 2 und 3 in der Häufigkeit be-
stimmter Merkmalskombinationen unterscheiden.
Auffällig häufige, das Erscheinungsbild der männ-
lichen Schädel wesentlich prägende Merkmalskom-
binationen in den jeweiligen Zonen des Gräber-
feldes lassen sich an den hier wiedergegebenen
photographischen Aufnahmen demonstrieren. Der
Befund spricht dafür, daß es sich auch bei den
Toten der Zonen 2 und 3, zumindest hinsichtlich
der Männer um Angehörige verschiedener Popu-
lationen handelt. Für eine eindeutige Aussage hin-
sichtlich der Frauen ist die Zahl der vorhandenen
gut erhaltenen Schädel zu gering.

ANATOMISCH
Merkmalsausprägungen der normalen Variabilität
mit genetischer Grundlage können bei verschiede-
nen Populationen in unterschiedlicher Häufigkeit
auftreten und finden sich vor allem auch familiär

E VARIANTEN
gehäuft. So können solche Merkmale auch an Ske-
lettpopulationen Hinweise auf biologische Ver-
wandtschaft sein.
An den relativ kleinen Serien vom Neuburger Grä-

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