Humerusende und am proximalen Ulna- und Ra-
diusende deutliche Spuren eines eitrigen Prozesses
der zu Knocheneinschmelzungen geführt hat. Bei
dem Mann aus Grab 17 (Zone 2) schließlich weist
das Kreuzbein eine in Größe und Begrenzung ei-
förmige Höhle noch ungeklärter Genese auf. So-
weit möglich sollen diese Erkrankungen differen-
tialdiagnostisch noch abgeklärt werden.
Zahnerkrankungen
Kariöse Gebisse kommen bei den spätrömischen
Skeletten aus Augsburg und anderen Fundorten
Bayerns zusammen mit etwa 80 % vor und die
Häufigkeit kariöser Zähne beträgt etwa 19 % 421.
Im Gräberfeld von Neuburg scheint die Karies-
häufigkeit mit etwa 70 % kariöser Gebisse etwas
geringer zu sein. Der Anteil kariöser Zähne, der
wegen des meist unvollständigen Erhaltungszu-
standes der Gebisse bei historischen Skelettpopula-
tionen oft günstigere Vergleichsbedingungen bietet,
wurde für die Skelette aus Neuburg nicht unter-
sucht.
Knochenhöhlen, die auf akute Einschmelzungspro-
zesse im Knochen, ausgehend von tiefzerstörten
Zähnen, schließen lassen, fanden sich an mehreren
Gebissen. In Zone 1 an 5 Schädeln (Grab 76, 84,
89, 90 und 91), in Zone 2 an 4 Schädeln (Grab 38,
52, 65 und 99) und in Zone 3 an 3 Schädeln (Grab
60, 70 und 130).
An einigen Kiefern ergaben sich Befunde, die auf
Parodontopathien schließen lassen; in Zone 1 an
den Schädeln 13, 31 und 95, in Zone 2 an den
Schädeln 47 und 61 und in Zone 3 an dem Schä-
del aus Grab 118. Dazu muß aber erwähnt wer-
den, daß an historischen Skeletten Folgen von Pa-
rodontose schwierig zu diagnostizieren sind. Im
übrigen liegen die Häufigkeiten vermutlich höher
als es hier den Anschein hat, da ja nicht von allen
im Neuburger Gräberfeld Bestatteten die Gebisse
erhalten sind. Diese und weitere, das Gebiß be-
treffende Befunde sollen im Vergleich mit anderen
Populationen in historischer Zeit andernorts noch
dargestellt werden 422.
ZUSAMMENFASSUNG
Die menschlichen Skelette aus dem spätrömischen
Gräberfeld von Neuburg a. d. Donau stellen aus
anthropologischer Sicht einen interessanten Fund-
komplex dar. Stammen sie doch aus einem Fried-
hof, der annähernd vollständig ausgegraben wer-
den konnte, für dessen Belegungszeitraum konkrete
Anhaltspunkte bestehen und die uns daher in die
Lage versetzen, das bisher noch sehr lückenhafte
Bild über die Bevölkerung in den nördlichen Grenz-
regionen während des letzten Jahrhunderts römi-
scher Herrschaft zu vervollständigen. Darüber hin-
aus bietet sich hier die Möglichkeit, den Versuch zu
machen, mit Hilfe der anthropologischen Befunde
einen Beitrag zur Rekonstruktion der historischen
Vorgänge in jener Zeit im Neuburger Raum zu
liefern. Archäologische Befunde wie Gräbergrup-
pierung, wechselnde Bestattungssitten und die aller-
dings mit nur etwa 30% der Gräber nachweis-
baren, relativ spärlichen Beigaben lassen eine Un-
tergliederung der Nekropole in 3 mehr oder weni-
ger selbständige Belegungszonen vermuten. So stellt
sich die Frage, ob der anthropologische Befund
einen Beitrag zur Stützung oder Widerlegung
dieser Hypothese zu geben vermag.
Die demographischen Daten geben einen ersten
wichtigen Hinweis. Von den insgesamt 133 Un-
tersuchten, der zu einem relativ großen Anteil gut
erhaltenen Skelette sind etwa 23 % Kinder, 5 %
Jugendliche und 72 % Erwachsene. Unter den 92
Erwachsenen, deren Geschlecht bestimmbar ist, be-
finden sich aber etwa ein Viertel Frauen. Diese Ge-
schlechtsproportion von 3:1, die — vermutlich
zufällig bedingt — in Zone 1 nur annähernd er-
reicht, in Zone 3 aber noch etwas übertroffen
wird, kann als ein wichtiger Hinweis dafür ge-
wertet werden, daß es sich bei dem Gräberfeld
von Neuburg nicht um einen sog. natürlichen Fried-
hof, sondern um eine wohl der Militärstation zu-
zuordnende Nekropole handelt. Bekräftigt wird
diese Annahme auch durch die Tatsache, daß in
den Zonen 1 und 2 nur etwa 10 % der Bestatteten
Kinder sind. Der größere Anteil von 32 % Kinder
in Zone 3 könnte ein Hinweis auf eine Wandlung
der Bevölkerungsstruktur im Ablauf des Belegungs-
421) K. Radi, 1972.
422) Die Zahnuntersuchungen wurden von D. Jakob durchgeführt.
— 105 —
diusende deutliche Spuren eines eitrigen Prozesses
der zu Knocheneinschmelzungen geführt hat. Bei
dem Mann aus Grab 17 (Zone 2) schließlich weist
das Kreuzbein eine in Größe und Begrenzung ei-
förmige Höhle noch ungeklärter Genese auf. So-
weit möglich sollen diese Erkrankungen differen-
tialdiagnostisch noch abgeklärt werden.
Zahnerkrankungen
Kariöse Gebisse kommen bei den spätrömischen
Skeletten aus Augsburg und anderen Fundorten
Bayerns zusammen mit etwa 80 % vor und die
Häufigkeit kariöser Zähne beträgt etwa 19 % 421.
Im Gräberfeld von Neuburg scheint die Karies-
häufigkeit mit etwa 70 % kariöser Gebisse etwas
geringer zu sein. Der Anteil kariöser Zähne, der
wegen des meist unvollständigen Erhaltungszu-
standes der Gebisse bei historischen Skelettpopula-
tionen oft günstigere Vergleichsbedingungen bietet,
wurde für die Skelette aus Neuburg nicht unter-
sucht.
Knochenhöhlen, die auf akute Einschmelzungspro-
zesse im Knochen, ausgehend von tiefzerstörten
Zähnen, schließen lassen, fanden sich an mehreren
Gebissen. In Zone 1 an 5 Schädeln (Grab 76, 84,
89, 90 und 91), in Zone 2 an 4 Schädeln (Grab 38,
52, 65 und 99) und in Zone 3 an 3 Schädeln (Grab
60, 70 und 130).
An einigen Kiefern ergaben sich Befunde, die auf
Parodontopathien schließen lassen; in Zone 1 an
den Schädeln 13, 31 und 95, in Zone 2 an den
Schädeln 47 und 61 und in Zone 3 an dem Schä-
del aus Grab 118. Dazu muß aber erwähnt wer-
den, daß an historischen Skeletten Folgen von Pa-
rodontose schwierig zu diagnostizieren sind. Im
übrigen liegen die Häufigkeiten vermutlich höher
als es hier den Anschein hat, da ja nicht von allen
im Neuburger Gräberfeld Bestatteten die Gebisse
erhalten sind. Diese und weitere, das Gebiß be-
treffende Befunde sollen im Vergleich mit anderen
Populationen in historischer Zeit andernorts noch
dargestellt werden 422.
ZUSAMMENFASSUNG
Die menschlichen Skelette aus dem spätrömischen
Gräberfeld von Neuburg a. d. Donau stellen aus
anthropologischer Sicht einen interessanten Fund-
komplex dar. Stammen sie doch aus einem Fried-
hof, der annähernd vollständig ausgegraben wer-
den konnte, für dessen Belegungszeitraum konkrete
Anhaltspunkte bestehen und die uns daher in die
Lage versetzen, das bisher noch sehr lückenhafte
Bild über die Bevölkerung in den nördlichen Grenz-
regionen während des letzten Jahrhunderts römi-
scher Herrschaft zu vervollständigen. Darüber hin-
aus bietet sich hier die Möglichkeit, den Versuch zu
machen, mit Hilfe der anthropologischen Befunde
einen Beitrag zur Rekonstruktion der historischen
Vorgänge in jener Zeit im Neuburger Raum zu
liefern. Archäologische Befunde wie Gräbergrup-
pierung, wechselnde Bestattungssitten und die aller-
dings mit nur etwa 30% der Gräber nachweis-
baren, relativ spärlichen Beigaben lassen eine Un-
tergliederung der Nekropole in 3 mehr oder weni-
ger selbständige Belegungszonen vermuten. So stellt
sich die Frage, ob der anthropologische Befund
einen Beitrag zur Stützung oder Widerlegung
dieser Hypothese zu geben vermag.
Die demographischen Daten geben einen ersten
wichtigen Hinweis. Von den insgesamt 133 Un-
tersuchten, der zu einem relativ großen Anteil gut
erhaltenen Skelette sind etwa 23 % Kinder, 5 %
Jugendliche und 72 % Erwachsene. Unter den 92
Erwachsenen, deren Geschlecht bestimmbar ist, be-
finden sich aber etwa ein Viertel Frauen. Diese Ge-
schlechtsproportion von 3:1, die — vermutlich
zufällig bedingt — in Zone 1 nur annähernd er-
reicht, in Zone 3 aber noch etwas übertroffen
wird, kann als ein wichtiger Hinweis dafür ge-
wertet werden, daß es sich bei dem Gräberfeld
von Neuburg nicht um einen sog. natürlichen Fried-
hof, sondern um eine wohl der Militärstation zu-
zuordnende Nekropole handelt. Bekräftigt wird
diese Annahme auch durch die Tatsache, daß in
den Zonen 1 und 2 nur etwa 10 % der Bestatteten
Kinder sind. Der größere Anteil von 32 % Kinder
in Zone 3 könnte ein Hinweis auf eine Wandlung
der Bevölkerungsstruktur im Ablauf des Belegungs-
421) K. Radi, 1972.
422) Die Zahnuntersuchungen wurden von D. Jakob durchgeführt.
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