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Keller, Erwin; Ziegelmayer, Gerfried; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Das spätrömische Gräberfeld von Neuburg an der Donau — Materialhefte zur bayerischen Vorgeschichte, Band 40: Kallmünz/​Opf.: Lassleben, 1979

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.70705#0057

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DIE EIGENSTÄNDIGKEIT DER ZONEN 1—3

Es ist bereits oben S. 16 festgehalten worden, daß
die Gliederung des Gräberfeldes in drei Belegungs-
bereiche im Grundplan (Taf. 13) durchscheint und
daß es in den Bestattungssitten sowie im Fundstoff
Unterschiede gibt, welche diese Gliederung bestäti-
gen. Da die anhand der genannten Kriterien vor-
genommene Einteilung der Nekropole in drei Zo-
nen nicht nur den Aufbau, sondern auch das For-
schungsziel und das Forschungsergebnis der Arbeit
bestimmt, seien die dazu an verschiedenen Stellen
eingestreuten Äußerungen nochmals im Zusammen-
hang referiert und in erweiterter Form dargestellt.
Was die Bestattungssitten angeht, so zeigt sich, daß
sich Baumsärge (Abb. 1, 1; S. 19) sowie Speisebei-
gaben (S. 20) nur in Zone 1 nachweisen lassen, daß
kistenförmige Bohlensärge mit überstehenden Lang-
seitenbrettern (Abb. 1, 2; S. 19) und Steinpackun-
gen, welche die Sohlenränder der Grabschächte strek-
kenweise säumen (Taf. 22, 2. 4; S. 20), auf Zone 2
beschränkt bleiben. Aufgrund der gruppenhaften
Anordnung der Gräber gewinnt man auch den Ein-
druck, daß man in Zone 1 auf verwandtschaftliche
Beziehungen der Toten Rücksicht nahm (vgl. S. 16).
Die Eigenständigkeit der Zonen 1—3 verdeutlicht
sich aber nicht nur in solchen Beobachtungen, son-
dern auch in einer zonal recht unterschiedlichen
Fundstoffzusammensetzung. Die Grenzen der im
mittleren Drittel des 4. Jahrhunderts belegten Zone
1 werden einerseits durch die Verteilung von Ge-
fäßen aus Ton, Speckstein und Glas, in gleichem
Maße aber auch durch die Verbreitung elbgermani-
schen Formenguts der jüngerkaiserzeitlichen Stufe
C 3 nach Godlowski abgesteckt (Taf. 14). Die Kar-
tierung beider Beigabengruppen liefert identische
Streuungsbilder deshalb, weil es sich bei sämtlichen
Tongefäßen um elbgermanische Erzeugnisse handelt
und die singulären provinzialrömischen Glas- und
Specksteinvorkommen (Taf. 3, 17; 6, 5) im Grab-
zusammenhang an elbgermanisches Formengut ge-
bunden sind. Der in kultureller Hinsicht halb elb-
germanisch, halb provinzialrömisch geprägten Zone
1 steht eine vom Sachbesitz her wesentlich anders
geartete Zone 2 gegenüber, in welchci die provin-
zialrömische Komponente über die elbgermanische
klar dominiert. Es fällt ins Auge, daß in Zone 2,

die in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts gehört,
Gefäßbeigaben überhaupt fehlen und daß auch der
metallene Gürtelzubehör erheblich von jenem der
Zone 1 abweicht. Waren es in Zone 1 ausschließlich
einzelne Schnallen, die den Nachweis von Leibrie-
men ermöglichten, so gewinnen in Zone 2 sog. Mili-
tärgürtel, die neben der Schnalle auch Riemenzun-
gen, Versteifungsleisten und geschlitzte Röhrenhül-
sen umfassen, die Oberhand (Taf. 14). In größerem
Umfang finden nun auch Tierkopfarmringe in die
Grabausstattungen Eingang, die zwar bereits im
mittleren Drittel des 4. Jahrhunderts in Mode ka-
men, in Zone 1 aber noch fehlen (Taf. 15).
Dehnt man den Vergleich auf die fundstoffärmste
und von der Gräberzahl her kleinste Zone 3 aus,
die wahrscheinlich an das Ende des 4. Jahrhunderts
zu datieren ist (S. 50), so setzt sie sich von den älte-
ren Friedhofsteilen vor allem durch die fast voll-
ständige Beigabenlosigkeit der Männergräber (vgl.
S. 52 ff.), aber auch dadurch ab, daß das aus Frauen-
gräbern vorliegende Fremdgut kulturell nicht mehr
in den elbgermanischen, sondern in den südosteuro-
päischen Raum weist (vgl. S. 47 ff.).
Die sich von Zone zu Zone ändernde Zusammen-
setzung des Fundstoffs ist also nicht nur chronolo-
gisch bedingt, sondern in ganz wesentlichen Maße
auch von gruppenspezifischen Totenbräuchen ab-
hängig, was angesichts der Tatsache, daß in den
einzelnen Belegungsarealen ethnisch verschiedene
Populationen beigesetzt wurden (S. 105f.), nicht son-
derlich überrascht. Dieses von der Anthropologie
beigesteuerte Ergebnis, ist unbestreitbar das für
den Archäologen wertvollste, räumt es doch alle
gegen die vorgeschlagene Zonengliederung erheb-
baren Einwände aus.
Neben Trennendem gibt es in den Grabausstat-
tungen der Zonen 1—3 aber auch Verbindendes. In
den Zonen 1 und 2 stellen bronzene Zwiebelknopf-
fibeln sowie bronzene Gürtelschnallen mit ovalen
und viereckigen Beschlägen aus Männergräbern die
Berührungspunkte her 26°, die Zonen 2 und 3 lassen
sich durch Tierkopfarmringe und zweiseitig ge-
zähnte Knochenkämme aus Frauengräbern ver-
knüpfen (Taf. 15).

260) Aus Zone 1 liegen Zwiebelknopffibeln aus den Gräbern 87 (Taf. 7, 3) und 92 (Taf. 6, 4), aus Zone 2 aus den
Gräbern 15 (Taf. 3, 12) und 56 (Taf. 4, 8) vor. In Zone 1 ergaben die Gräber 76 (Taf. 5, 10) und 91 (Taf. 7, 1)
Schnallen mit ovalem Beschläg, in Zone 2 lieferte Grab 47 (Taf. 4, 4) eine entsprechende Gürtelschließe. Schnal-
len mit Viereckbeschlägen stammen aus dem in Zone 1 liegenden Grab 84 (Taf. 5, 13) und aus dem in Zone 2
befindlichen Grab 47 (Taf. 4, 3).

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