Beigabenlosigkeit der Männergräber bzw. die auf
eine sozial gehobene weibliche Bevölkerungsschicht
beschränkte Beigabensitte setzte nach ihm jedoch, wie
die Herausbildung eines Einzelgrab- und Grabgrup-
penhorizontes, nach der gewaltsamen Zerstörung
der Cernjachov-Sintana de mure§-Kultur durch die
Hunnen erst am Beginn des 5. Jahrhunderts ein.
Da der jüngste Teil des Neuburger Friedhofes ins
ausgehende 4. Jahrhundert gehört und damit zeit-
lich mit der Spätphase der Cernjachov-Sintana de
mure§-Kultur korrespondiert, empfiehlt es sich,
ausgewählte Gräberfelder dieses Formenkreises dar-
aufhin zu überprüfen, ob sich in ihnen die Wurzeln
der einseitig auf das weibliche Geschlecht reduzier-
ten Beigabensitte fassen lassen.
Die teiluntersuchte, aus der Blütezeit der Cernjachov-
Sintana de mure§-Kultur stammende ostrumänische
Nekropole von Le^cani (Distr. Ia§i) 267 ergab 32
von Nord nach Süd orientierte Körperbestattun-
gen, die sich nach den anatomischen und archäologi-
schen Befunden auf sieben Kinder, fünf erwachsene
Männer und 19 erwachsene Frauen verteilten 268.
Ohne Ausrüstungen wurden nur die Frauengräber
31, 32 und 35 angetroffen. Diesem Friedhof sei der
ebenfalls unvollständig erfaßte von Independen^a
(Walachei) gegenübergestellt, der eine bereits we-
sentlich andere Beigabenverteilung aufweist 26°. Er
umfaßt neben zwei gestörten Bestattungen ein Süd-
nordgrab sowie sechs Westost- und 18 Nordsüdgrä-
ber, insgesamt also 27 Bestattungen, bei denen es
sich nach Ionina um sechs Kinder, acht Frauen und
acht Männer handelt 27°. Ohne Beigaben wurden
zwei Frauen und sechs Männer, also dreimal soviel
Männer als Frauen angetroffen, wobei hervorzu-
heben ist, daß sich die Beigabenlosigkeit auf sämt-
liche Westostbestattungen erstreckte 271. Einen ähn-
lich hohen Anteil beigabenloser Männergräber wie
in Independen(a kann man in der moldavischen
Nekropole von Budefti beobachten 272, in deren
jüngstem südöstlichstem Teil eine relativ geschlos-
sene Gruppe westöstlich orientierter Körperbestat-
tungen liegt 273. Wenngleich das bescheidene Fund-
inventar nicht veröffentlicht und das Skelettmate-
rial anthropologisch nicht bestimmt wurde, so steht
doch fest, daß auf sechs Kinder 29 Erwachsene
kommen. Von letzteren waren 18, d. h. mehr als
60 % beigabenlos, acht enthielten weibliche, drei
geschlechtsindifferente Inventare 274. Bei einem auch
nur halbwegs ausgewogenen Geschlechtsverhältnis
bezeugen diese Zahlen eine Beigabenlosigkeit, welche
die Männer ungleich stärker betrifft als die Frauen.
Die in dieser Hinsicht in Independen^a und Bude§ti
gewonnenen Erkenntnisse legen somit die Annahme
nahe, daß der Wechsel der Graborientierung von
N-S nach W-O und eine zunehmende Beigaben-
losigkeit, welche speziell die Männergräber erfaßt,
typisch für die Nekropolen der Cernjachov-Sintana
de muref-Kultur sind. In Anlehnung an E. A. Symo-
novic und andere hat Godlowski deshalb mit Recht
betont, daß die Periode der Beigabenlosigkeit in
den ukrainischen, moldavischen und rumänischen
Gräberfeldern wohl kaum in die Blütezeit der
Cernjachov-Sintana de mure§-Kultur, sondern in
die Zeit nach der hunnischen Invasion, d. h. ins
späte 4. oder in den frühen Abschnitt des 5. Jahr-
hunderts fallen dürfte 275. Man kann also davon
Sovetskaja Arh. 1975, H. 4, 65 Abb. 2 (Kreissignaturen). Zu den Problemen der ethnischen Zuweisung der
Gräberfelder der Cernjachov-Sintana de mure§-Kultur vgl. Scukin, Zeitschr. f. Arch. 9, 1975, 25 ff.
267) C. Blo§iu, Arh. Moldovei 8, 1975, 204 ff.
268) Ebd. Tabelle auf S. 284. Kindergräber: 15, 16, 26, 29, 37 a, 39, 45. Männergräber: 19, 21, 25, 28, 34. Frauen-
gräber: 4—5, 9—10, 14, 18, 20, 23—24, 30—32, 35—36, 40, 42, 44, 47—48. Als weibliche Komponente in den
Grabinventaren werden nach allgemeiner Ansicht Fibelpaare, Perlen und Spinnwirtel angesehen. Vgl. I. Ionina,
Das Gräberfeld von Independen^a. Saarbrücker Beitr. z. Altertumskde. 10 (1971) 40.
269) Die Analyse fußt auf den Angaben Ioninas (wie Anm. 268 S. 40 f.), die hinsichtlich der Geschlechtsbestimmun-
gen häufig von denen abweidien, die B. Mitrea und C. Preda (Mitrea-Preda 1966, 43 ff.) in der Original-
publikation des Gräberfeldes veröffentlichten.
270) Kinder: 2, 3, 16, 17, 20, 25. Frauen: 6—8, 13, 19, 24, 27, 31. Männer: 4, 15, 26, 28—30, 31, 35.
271) Beigabenlose Frauen: 8, 27. Beigabenlose Männer: 15, 26, 28—30, 35. Westostgräber: 20, 27—29, 31, 35.
272) E. A. Rikman, Pamjatnik epochi velikogo perecelenija narodov po rackopkam pocelenija i mogilnika cern-
jachovski kultury u cela Budesti. Arch. pam. Moldavil 1 (1967).
273) Ebd. Gräberplan zwischen den S. 90 und 91.
274) Ebd. Grabbeschreibungen S. 68—70. Kinder: 164, 167, 215, 223, 226, 266. Erwachsene: 3, 143, 165, 170, 181,
201, 203, 209, 212, 224, 235, 254, 264, 271, 274, 275, 280, 283, 285, 287, 294, 296, 330, 334, 340, 344, 345,
350. Frauengräber: 165, 181, 203, 212, 235, 271, 333, 340. Geschlechtindifferente Inventare: 143, 209, 345.
275) Godlowski 1970, 110; E. Symonovic (ovetskaja Arh. 29/30, 1959, 84 ff.) stellt fest, daß westöstlich orientierte
Gräber in der Masse jünger sind als nordsüdlich ausgerichtete, wobei er den Befund von Danilova Balka
— 53 —
4*
eine sozial gehobene weibliche Bevölkerungsschicht
beschränkte Beigabensitte setzte nach ihm jedoch, wie
die Herausbildung eines Einzelgrab- und Grabgrup-
penhorizontes, nach der gewaltsamen Zerstörung
der Cernjachov-Sintana de mure§-Kultur durch die
Hunnen erst am Beginn des 5. Jahrhunderts ein.
Da der jüngste Teil des Neuburger Friedhofes ins
ausgehende 4. Jahrhundert gehört und damit zeit-
lich mit der Spätphase der Cernjachov-Sintana de
mure§-Kultur korrespondiert, empfiehlt es sich,
ausgewählte Gräberfelder dieses Formenkreises dar-
aufhin zu überprüfen, ob sich in ihnen die Wurzeln
der einseitig auf das weibliche Geschlecht reduzier-
ten Beigabensitte fassen lassen.
Die teiluntersuchte, aus der Blütezeit der Cernjachov-
Sintana de mure§-Kultur stammende ostrumänische
Nekropole von Le^cani (Distr. Ia§i) 267 ergab 32
von Nord nach Süd orientierte Körperbestattun-
gen, die sich nach den anatomischen und archäologi-
schen Befunden auf sieben Kinder, fünf erwachsene
Männer und 19 erwachsene Frauen verteilten 268.
Ohne Ausrüstungen wurden nur die Frauengräber
31, 32 und 35 angetroffen. Diesem Friedhof sei der
ebenfalls unvollständig erfaßte von Independen^a
(Walachei) gegenübergestellt, der eine bereits we-
sentlich andere Beigabenverteilung aufweist 26°. Er
umfaßt neben zwei gestörten Bestattungen ein Süd-
nordgrab sowie sechs Westost- und 18 Nordsüdgrä-
ber, insgesamt also 27 Bestattungen, bei denen es
sich nach Ionina um sechs Kinder, acht Frauen und
acht Männer handelt 27°. Ohne Beigaben wurden
zwei Frauen und sechs Männer, also dreimal soviel
Männer als Frauen angetroffen, wobei hervorzu-
heben ist, daß sich die Beigabenlosigkeit auf sämt-
liche Westostbestattungen erstreckte 271. Einen ähn-
lich hohen Anteil beigabenloser Männergräber wie
in Independen(a kann man in der moldavischen
Nekropole von Budefti beobachten 272, in deren
jüngstem südöstlichstem Teil eine relativ geschlos-
sene Gruppe westöstlich orientierter Körperbestat-
tungen liegt 273. Wenngleich das bescheidene Fund-
inventar nicht veröffentlicht und das Skelettmate-
rial anthropologisch nicht bestimmt wurde, so steht
doch fest, daß auf sechs Kinder 29 Erwachsene
kommen. Von letzteren waren 18, d. h. mehr als
60 % beigabenlos, acht enthielten weibliche, drei
geschlechtsindifferente Inventare 274. Bei einem auch
nur halbwegs ausgewogenen Geschlechtsverhältnis
bezeugen diese Zahlen eine Beigabenlosigkeit, welche
die Männer ungleich stärker betrifft als die Frauen.
Die in dieser Hinsicht in Independen^a und Bude§ti
gewonnenen Erkenntnisse legen somit die Annahme
nahe, daß der Wechsel der Graborientierung von
N-S nach W-O und eine zunehmende Beigaben-
losigkeit, welche speziell die Männergräber erfaßt,
typisch für die Nekropolen der Cernjachov-Sintana
de muref-Kultur sind. In Anlehnung an E. A. Symo-
novic und andere hat Godlowski deshalb mit Recht
betont, daß die Periode der Beigabenlosigkeit in
den ukrainischen, moldavischen und rumänischen
Gräberfeldern wohl kaum in die Blütezeit der
Cernjachov-Sintana de mure§-Kultur, sondern in
die Zeit nach der hunnischen Invasion, d. h. ins
späte 4. oder in den frühen Abschnitt des 5. Jahr-
hunderts fallen dürfte 275. Man kann also davon
Sovetskaja Arh. 1975, H. 4, 65 Abb. 2 (Kreissignaturen). Zu den Problemen der ethnischen Zuweisung der
Gräberfelder der Cernjachov-Sintana de mure§-Kultur vgl. Scukin, Zeitschr. f. Arch. 9, 1975, 25 ff.
267) C. Blo§iu, Arh. Moldovei 8, 1975, 204 ff.
268) Ebd. Tabelle auf S. 284. Kindergräber: 15, 16, 26, 29, 37 a, 39, 45. Männergräber: 19, 21, 25, 28, 34. Frauen-
gräber: 4—5, 9—10, 14, 18, 20, 23—24, 30—32, 35—36, 40, 42, 44, 47—48. Als weibliche Komponente in den
Grabinventaren werden nach allgemeiner Ansicht Fibelpaare, Perlen und Spinnwirtel angesehen. Vgl. I. Ionina,
Das Gräberfeld von Independen^a. Saarbrücker Beitr. z. Altertumskde. 10 (1971) 40.
269) Die Analyse fußt auf den Angaben Ioninas (wie Anm. 268 S. 40 f.), die hinsichtlich der Geschlechtsbestimmun-
gen häufig von denen abweidien, die B. Mitrea und C. Preda (Mitrea-Preda 1966, 43 ff.) in der Original-
publikation des Gräberfeldes veröffentlichten.
270) Kinder: 2, 3, 16, 17, 20, 25. Frauen: 6—8, 13, 19, 24, 27, 31. Männer: 4, 15, 26, 28—30, 31, 35.
271) Beigabenlose Frauen: 8, 27. Beigabenlose Männer: 15, 26, 28—30, 35. Westostgräber: 20, 27—29, 31, 35.
272) E. A. Rikman, Pamjatnik epochi velikogo perecelenija narodov po rackopkam pocelenija i mogilnika cern-
jachovski kultury u cela Budesti. Arch. pam. Moldavil 1 (1967).
273) Ebd. Gräberplan zwischen den S. 90 und 91.
274) Ebd. Grabbeschreibungen S. 68—70. Kinder: 164, 167, 215, 223, 226, 266. Erwachsene: 3, 143, 165, 170, 181,
201, 203, 209, 212, 224, 235, 254, 264, 271, 274, 275, 280, 283, 285, 287, 294, 296, 330, 334, 340, 344, 345,
350. Frauengräber: 165, 181, 203, 212, 235, 271, 333, 340. Geschlechtindifferente Inventare: 143, 209, 345.
275) Godlowski 1970, 110; E. Symonovic (ovetskaja Arh. 29/30, 1959, 84 ff.) stellt fest, daß westöstlich orientierte
Gräber in der Masse jünger sind als nordsüdlich ausgerichtete, wobei er den Befund von Danilova Balka
— 53 —
4*