AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS <^t-
MAX LIEBER MANN FRAUEN IN HUYSUM (1903)
kräftiges Pfui Teufel! zu hören. Wie sollen wir den außerordentlichen dekorativen Sinn, zu dem das ein-
Kampf mit den Muckern erfolgreich führen, wenn wir heimische Kunstgewerbe ebenso viel beigetragen
uns solche Blößen geben! — Ueber die mehr als ein haben mag wie moderne französische und japanische
halbes Tausend Bilder und eine Anzahl Skulpturen Einflüsse. Oftmals scheint nicht die Szene oder die
umfassende/?uss;sr/!£/lussre//ung,,dieausdem Pariser Landschaft 'komponiert« zu sein, sondern umge-
Herbstsalon in das Schultesche Haus überführt worden kehrt aus der Arabeske sich der gegenständliche
ist, kann man schwer mit ein paar Worten berichten. Vorwurf entwickelt zu haben. Immerhin tut man
Sie gibt zwar keinen vollständigen Ueberblick über gut, nicht zu viele von diesen neuen Eindrücken
die Entwicklung der Malerei unsrer östlichen Nach- auf einmal auf sich hereinstürmen zu lassen, son-
barn,— fehlen doch Berühmtheiten wie Mokowski!— dern sich dazwischen in den vorderen Sälen zu er-
aber doch unendlich viel mehr, als man davon bisher holen. Auf einem Vorraum mit ganz byzantinischen
außerhalb Rußlands kennen lernen konnte. Wie Bildern des 15. bis 17. Jahrhunderts, die für den
bei der deutschen Jahrhundertausstellung hat man Laien nur wenig, für den Forscher aber um so mehr
sich im wesentlichen auf Porträte, Landschaften und Interesse besitzen, folgt ein Saal mit Werken des
Bilder aus dem Leben beschränkt. Von den großen 18. Jahrhunderts, die zwar durchaus unter französi-
historischen Bildern, die einem llja Rjepin Welt- schem und deutschem Einfluß stehen, aber zum
rühm verschafften, ist z. B. kein einziges ausgestellt. Teil so glänzend ausgeführt sind, daß die Namen
Aehnlich sind von dem jüngsten Geschlechte offenbar ihrer Meister wie Lewitzky in den Kunstgeschichten
nur die ausgesprochenen >Sezessionisten< berück- nicht mehr fehlen dürfen. Unter den hier ausge-
sichtigt, diejenigen Künstler, die weitab von den aus- stellten Büsten verdient die des grotesk häßlichen
gefahrenen Gleisen der in allen europäischen Ländern Kaisers Paul I. von Stschedrin hervorgehoben zu
sich mehr oder weniger ähnelnden akademischen werden. Nicht minder stark sind die westeuropäischen
Kunst ganz eigene Wege suchen und die wildesten Einflüsse in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Pfade für die amüsantesten halten. Doch sind diese gewesen, der ein zweiter großer Saal eingeräumt ist.
zunächst manchmal grotesk anmutenden Kreuz- und Namen wie Gericault, Horace Vernet, Delacroix,
Quersprünge wohl nicht durch halb barbarische Franz Krüger, Riedel kommen einem vor den Werken
Wildheit, sondern durch ein aus Uebersättigung ent- der Brüllow und Genossen in bunter Reihe über
sprungenes raffiniertes Bedürfnis nach Neuem zu er- die Lippen. Ein näheres Studium, wie es diese Aus-
klären. Mögen einem manche dieser Bilder zunächst Stellung sicherlich verdient, wird hier manche inter-
unentzifferbar erscheinen, so erkennt man in vielen essante Aufschlüsse geben,
doch einen mit großer Farbenfreudigkeit gepaarten
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MAX LIEBER MANN FRAUEN IN HUYSUM (1903)
kräftiges Pfui Teufel! zu hören. Wie sollen wir den außerordentlichen dekorativen Sinn, zu dem das ein-
Kampf mit den Muckern erfolgreich führen, wenn wir heimische Kunstgewerbe ebenso viel beigetragen
uns solche Blößen geben! — Ueber die mehr als ein haben mag wie moderne französische und japanische
halbes Tausend Bilder und eine Anzahl Skulpturen Einflüsse. Oftmals scheint nicht die Szene oder die
umfassende/?uss;sr/!£/lussre//ung,,dieausdem Pariser Landschaft 'komponiert« zu sein, sondern umge-
Herbstsalon in das Schultesche Haus überführt worden kehrt aus der Arabeske sich der gegenständliche
ist, kann man schwer mit ein paar Worten berichten. Vorwurf entwickelt zu haben. Immerhin tut man
Sie gibt zwar keinen vollständigen Ueberblick über gut, nicht zu viele von diesen neuen Eindrücken
die Entwicklung der Malerei unsrer östlichen Nach- auf einmal auf sich hereinstürmen zu lassen, son-
barn,— fehlen doch Berühmtheiten wie Mokowski!— dern sich dazwischen in den vorderen Sälen zu er-
aber doch unendlich viel mehr, als man davon bisher holen. Auf einem Vorraum mit ganz byzantinischen
außerhalb Rußlands kennen lernen konnte. Wie Bildern des 15. bis 17. Jahrhunderts, die für den
bei der deutschen Jahrhundertausstellung hat man Laien nur wenig, für den Forscher aber um so mehr
sich im wesentlichen auf Porträte, Landschaften und Interesse besitzen, folgt ein Saal mit Werken des
Bilder aus dem Leben beschränkt. Von den großen 18. Jahrhunderts, die zwar durchaus unter französi-
historischen Bildern, die einem llja Rjepin Welt- schem und deutschem Einfluß stehen, aber zum
rühm verschafften, ist z. B. kein einziges ausgestellt. Teil so glänzend ausgeführt sind, daß die Namen
Aehnlich sind von dem jüngsten Geschlechte offenbar ihrer Meister wie Lewitzky in den Kunstgeschichten
nur die ausgesprochenen >Sezessionisten< berück- nicht mehr fehlen dürfen. Unter den hier ausge-
sichtigt, diejenigen Künstler, die weitab von den aus- stellten Büsten verdient die des grotesk häßlichen
gefahrenen Gleisen der in allen europäischen Ländern Kaisers Paul I. von Stschedrin hervorgehoben zu
sich mehr oder weniger ähnelnden akademischen werden. Nicht minder stark sind die westeuropäischen
Kunst ganz eigene Wege suchen und die wildesten Einflüsse in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Pfade für die amüsantesten halten. Doch sind diese gewesen, der ein zweiter großer Saal eingeräumt ist.
zunächst manchmal grotesk anmutenden Kreuz- und Namen wie Gericault, Horace Vernet, Delacroix,
Quersprünge wohl nicht durch halb barbarische Franz Krüger, Riedel kommen einem vor den Werken
Wildheit, sondern durch ein aus Uebersättigung ent- der Brüllow und Genossen in bunter Reihe über
sprungenes raffiniertes Bedürfnis nach Neuem zu er- die Lippen. Ein näheres Studium, wie es diese Aus-
klären. Mögen einem manche dieser Bilder zunächst Stellung sicherlich verdient, wird hier manche inter-
unentzifferbar erscheinen, so erkennt man in vielen essante Aufschlüsse geben,
doch einen mit großer Farbenfreudigkeit gepaarten
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