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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal-Nachrichten
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VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <^-c-

FRANKFURT a.M. Im Kunstverein ist der Massen-
darbietung >Frankfurter« Kunst — der Jahres-
ausstellung der hiesigen Künstler — eine feine,
kleine Ausstellung von persönlicher Eigenart und
Bedeutung gefolgt: die Kollektivausstellung einer
jungen Frankfurter Künstlerin, Else LuTHiMER. Die
Ausstellung umfaßt gegen 20 Bilder, die in letzter
Zeit entstanden sind und die zeigen, daß die Künst-
lerin nach langem Suchen ihren Weg gefunden hat.
Dieser Weg führt zwar nicht auf ungeahnte Höhen,
aber er liegt ab von der Heerstraße, die die hierzu-
lande tonangebenden Künstler gehen. Es ist der
Weg, den die französische und belgische Malerei
in ihrer letzten Entwicklung gegangen ist. Dies zur
Kennzeichnung der künstlerischen Gesinnung, deren
Besitz bei einer Frankfurter Künstlerin immerhin
besonders hervorgehoben zu werden verdient. Aber
ich würde darum noch nicht über die Ausstellung
berichten. Das Wichtige ist, daß die Mehrzahl der
ausgestellten Bilder ein Niveau des Könnens und
der Anschauung verrät, welches mehr als die Ueber-
nahme und geschickte Aneignung bestimmter neuer
Ausdrucksmittel bedeutet. Dies gilt sowohl für einige
Blumenstücke wie für die Landschaften. Unter
diesen sind die Frankfurter Mainlandschaften be-
sonders bemerkenswert. Die große — erstaunlich
große — Schönheit der Mainufer in dieser alten
Stadt scheint jetzt durch E. Luthmer entdeckt werden
zu sollen. Vor 50 Jahren haben sie Courbet inter-
essiert und zum Malen gezwungen. Der Senior der

Frankfurter Maler, der das Meisteratelier in der
Akademie des Städelschen Instituts inne hat, malt
Jahr aus, Jahr ein anekdotische Motivchen aus der
russischen Steppe.

Bei Schneider (Andreas) die neuesten Arbeiten von
Thoma, fünf Landschaften aus dem Schwarzwald, die
im Laufe des Sommers entstanden sind. Sommerland-
schaften von überzeugender Wärme derStimmung und
leuchtendem Farbenglanz. Die künstlerische Frische
dieser Bilder übertrifft vieles, was der Künstler im
Laufe der letzten Jahre geschaffen hat. Erstaunlich ist
die meisterhafte Vereinfachung der malerischen Be-
handlung. Trotzdem, das große Ereignis, das zum
Schlüsse aufgespart sein sollte, liegt nicht in diesen
Bildern. An der Wand gegenüber hängen die Rahmen
mit den Radierungen, die Fritz Boehle soeben
geschaffen hat. Seit neun Jahren hat Boehle wieder
einmal zur Radiernadel gegriffen und in wenigen
Wochen, inmitten anderer gewaltiger Arbeiten, sind
eine Reihe von Blättern entstanden, die nichts weniger
als das größte künstlerische Ereignis des Jahres 1906
bedeuten! Von den früheren Radierungen Boehles
führt kein Weg zu diesen neuen Meisterwerken. Es
liegt zwischen ihnen die enorme plastische Entwick-
lung, die das Schaffen dieses eminenten Künstlers
immer bewußter bestimmt. So erscheinen diese
Radierungen wie Paraphrasen der künstlerischen
Gedanken, von denen die großen plastischen Werke
Boehles, die jetzt im Entstehen begriffen sind und
die den Künstler unmittelbar neben Hildebrand

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