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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Gensel, Walther: Die Internationale Mitglieder-Ausstellung der Berliner Akademie der Künste
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https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0357

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-*=iä2> MITGLIEDER-AUSSTELLUNG DER BERLINER AKADEMIE <^^~

von 1905 (s. Abb.S.324) und einem seiner Mün- pflegten und noch pflegen, ist hier eigentlich
chener Bierkonzerte, eins seiner allergroßartig- nur durch einen Künstler vertreten, eben
sten älteren Bilder, die berühmten Netzflicke- einen Engländer, AlmaTadema (s. Abb. S. 326).
rinnen der Hamburger Kunsthalle, hinzugefügt. Eine gewisse Meisterschaft in der Verwen-
Wie dem aber auch sei, jedenfalls gewinnt das dung der Mittel wird man natürlich stets ver-
Publikum die Ueberzeugung, daß in dem ehr- langen müssen. Jungen, noch in Gärung
würdigen Institute Leben herrscht, daß die befindlichen Talenten, die sprungweise vor-
verschiedensten Richtungen in ihm vertreten wärts stürmen und dabei oft rechts und links
sind, daß in ihm nicht nur berühmte, son- abirren, können sich die heiligen Tore nicht
dern auch heißblütige und kampfesfrohe öffnen. Und ist der Schaden nicht größer,
Künstler sitzen. Wer gemeint hat, daß man wenn ein Künstler durch allzu raschen Ruhm
sich in der Berliner Akademie nur behaglich frühzeitig satt wird und schließlich der er-
in ausgefahrenen Geleisen bewegt, wird eines lauchten Körperschaft Schande macht, als
Besseren belehrt. Ja das, was man gemein- wenn einer ein und selbst zwei Lebensalter
hin unter „akademisch" versteht, nimmt nicht lang vor den Toren warten muß? Israels,
einmal einen sehr großen Raum ein. Der Aka- dem man die Würde erst zu seinem 80. Ge-
demismus der kalligraphisch abgezirkelten burtstage schenkte, hat sie gewiß nie begehrt.
Linie, der porzellanartig zarten Körper und Er trägt sie aber nun mit mehr Anstand als
der anmutigen Vorwürfe, wie er z. B. den mancher, der mit der Hälfte der Jahre zu ihr
Ausstellungen der Londoner Akademie das kam. Daß es gerade bei ihm lange gedauert
Gepräge gibt und wie ihn Bouguereau, Le- hat, ehe alle Widerstände überwunden waren,
febvre, Geröme und ihre Schüler in Paris ist nur zu begreiflich. Ist doch von ihm ge-
sagt worden, daß es keinen Maler gebe,
der so wenig zu zeichnen verstehe und
dabei so gute Bilder male wie er. Jeden-
falls kann man gegen die heutige Ber-
liner Akademie nicht so vernichtende
Vorwürfe erheben wie gegen die Aca-
demie francaise, die Flaubert und Zola
abwies, um mit der Grafenkrone ge-
schmückte Nullen aufzunehmen. Die
Geschichte des Quarante-et-unieme fau-
teuil würde in ihr kein Gegenstück fin-
den. Böcklin war ihr Mitglied, und weder
Liebermann noch Uhde (s. Abb. S. 325)
noch Klinger (s. Abb. S. 341) stehen ab-
seits. Aus Frankreich hat sie sich den
gewaltigsten und eigensinnigsten moder-
nen Menschenbildner geholt, Auguste
Rodin, der außer einem seltsamen Frauen-
torso, wohl zu einer der Gestalten von
der Höllenpforte, zwei prächtige männ-
liche Büsten geschickt hat(s. Abb.S.328),
aus Belgien den feinsten lebenden Por-
trätbildhauer, Jules Lagae, der mit der
ungemein eindrucksvollen Büste des
Dichters Goffin, einer Kindermaske und
dem famosen, schon oft auf Ausstel-
lungen gezeigten Doppelbildnis Vader en
Moder (s. Abb. S. 328) vertreten ist, aus
Schweden den in unverwüstlicher Le-
benskraft strahlenden Anders Zorn —
seine Sonntagswäsche (s. Abb. S. 327)
und sein Mädchen am Fenster geben
zwar nur einen kleinen Ausschnitt aus
seinem Können, zeigen aber seine ganze
Licht- und Farbenfreude —, aus Italien
gari melchers die geschwister Paolo Michetti, der freilich, wie man

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