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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Von Ausstellungen und Sammlungen - Personal-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0379

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-^feö> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <ö^s~

aber ich habe keine Ader für diese Art
Poesie, die ich nicht einmal in Versen,
geschweige denn gemalt genießen
könnte. Gegenüber hängen Werke
von Wolff-Zamzow, der mit Bieder-
meier-Bildern seine ersten Erfolge er-
rungen hat und der Biedermeierei treu
geblieben ist. Etwas Somoff, etwas
Vogeler, etwas Dörr und vorläufig noch
etwas zu wenig Wolff-Zamzow steckt
darin, aber pikant und anmutig sind
einige dieser Bildchen mit sich aus-
kleidenden und badenden Mädchen.
Nicht weniger ungleich sind die bei-
den Künstler, die den zweiten Saal
beherrschen, der elegante, allzu ele-
gante, zum Pariser gewordene Ameri-
kaner Frieseke, der mir mit seinen
sauberen Akten und seinen Interieurs
in blaßblauen, blaßrosa, blaßgrünen,
blaßgelben, wie alten Pastellen ent-
nommenen, höchst geschmackvollen
Farben seit vielen Jahren in den Pa-
riser Salons aufgefallen war, und der
deutsche Edmund Steppes, der unter
dem Einfluß von Haider und Lugo
die Natur zu stilisieren unternommen
hat. Ich halte Steppes für einen höchst
begabten Landschafter, aber zöge er
doch lieber die in der Natur liegende
Poesie aus ihr heraus, wie es Con-
stable, Rousseau, Corot und (in einem
Abstände) Buchholz getan, statt ihr
die seinige unterzulegen! Da ist mir
die ArtJoHANN Georg Dreydorff's,
der im Zimmer nebenan ausgestellt
hat, viel lieber. Der sieht die Natur
ohne Hintergedanken, heimlich, trau-
lich, andachtsvoll. Wie die Sonnen-
strahlen in sein bescheidenes Häus-
chen fallen, wie die Kornfelder im ferdinand schmutzer bürgermeister lueger
Sommer wogen und alles in einem ««««(radierung)««««
feinen Dunste verschwimmt, wie das
nahe Meer vor Sonnenaufgang er-
schauert, all das schildert er mit dem einzigen ohne besonderes Eintrittsgeld dem Kunstvereins-
Wunsche, recht viel von der Schönheit, die er publikum freigegeben. Von der Herbeischaffung der
empfunden, festzuhalten, recht viele ihrer teilhaftig auswärtigen Gemälde und Skulpturen mußte, der
werden zu lassen. Und ist das nicht dasselbe, enormen Transportkosten wegen, Abstand genommen
was die großen Impressionisten empfanden? — werden. — Aber die Leipziger Ausstellung allein
Bei Cassirer hängen Landschaften von Pissarro wirkt überzeugend genug, daß hier eine außergewöhn-
aus allen Zeiten, aus allen Phasen seines Schaffens. liehe Menschenkraft am Werke war. Und noch ist
Aber ob sie 1872 datiert sind oder 1902, ob sie es erst Mittag und diese Kraft hat noch nicht den
Ansichten von Paris oder vom Lande geben, im Höhepunkt überschritten. Für den Schöpfer selbst
Sommer oder im Winter, am Morgen oder am Abend, und für die Genießenden ein stolzes Bewußtsein,
alle zeigen sie dieselbe Unbeirrtheit, dasselbe Be- — Die I. Graphische Ausstellung des Deutschen
mühen, der Natur so nahe wie möglich auf den Kiinstlerbundes im Deutschen Buchgewerbemuseum
Leib zu rücken. Walther Gessel wurde am 9. Februar durch Max Klinger und

Dr. Ludwig Volkmann eröffnet. Dr. Willrich,
EIPZIG. Zu Ehren des auf den 18. Februar fallen- der Direktor des Museums, in dessen Händen die
den 50. Geburtstags von Max Klinger hatte der Leitung der Ausstellung liegt, hat mit großer Um-
Kunstverein eine umfangreiche Ausstellung von Wer- sieht und mit erstaunlicher Energie die vorher sehr
ken des berühmten Künstlers veranstaltet. Ueber unzulänglichen Räume zu wirklich gediegenen und
200 Werke aus dem Besitz verschiedener Museen vornehmen Ausstellungsräumen umgestaltet und da-
und aus Privatbesitz sind vereinigt worden: samt- rin die Arbeiten in übersichtlicher und geschmack-
liche Radierungen, ein großer Teil der Handzeich- voller Weise untergebracht. Die Zahl der Einsen-
nungen und eine Reihe der Gemälde und Skulp- düngen war sehr hoch, und nur etwa ein Drittel
turen. Aus Dresden ist die - Pietä« hier, die Ber- konnte berücksichtigt werden. Die Gruppe der Hand-
liner Nationalgalerie und die Hamburger Kunsthalle Zeichnungen tritt naturgemäß zurück, und von den
haben den gemeinsamen Besitz der aus einer Steg- rein graphischen Arbeiten nimmt der Holzschnitt
litzer Villa stammenden Wandfriese hergeliehen. Für — ich möchte, weil er nicht immer auf der Höhe
eine Woche war auch der i Beethoven , in dessen ist, beinahe sagen — leider den größten Raum ein.
Saal fürdiese Zeit noch die Salome -,die > Kassandra , Die Radierung ist würdig und gut vertreten, während
die Badende und der . Athlet vereinigt waren, die Lithographie nicht so zahlreich vertreten ist, ein

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