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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 22.1906-1907

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Kromer, H. E.: Farbigkeit der Plastik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12155#0594

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-sr^> FARBIGKEIT DER PLASTIK -<3=^

alter, nie ganz ausgestorbener Ueberlieferung
und einem populären Geschmacke entsprun-
gen sein; die bemalten Reliefs ihren Vorbil-
dern in der Tafelmalerei und in dem Mosaik;
die Rundplastik blieb überwiegend farblos, als
stünde sie unrettbar sklavisch unter dem Ein-
fluß der Antiken, die damals nach jahrhun-
dertelangem Schlafe wieder ans Tageslicht
kamen und zweifellos die Bemalung soweit
verloren hatten, daß die Künstler den weißen
Marmor, die „reine Form" anbeten zu müssen
glaubten; anbeten zu müssen, weil sie von
den göttlichen Alten stammte. Wo etwa noch
ein spärlicher Rest von Farbe mochte vor-
handen gewesen sein, schrieb man ihn gewiß
dem rohen Geschmack der Barbaren zu, denen
einst die Hellenen erlegen waren.

Wenn je in einer Kunstepoche die Kraft
und der Drang hätte liegen können, der Plastik
wieder die Farbigkeit zu geben — in keiner
andern wäre sie eher gelegen, als in der der
Renaissance. Nicht bloß die Nachahmung
der Natur, die in der plastischen Form damals
doch vorbildlich wurde, nein, schon die Kühn-
heit des Wagnisses gegenüber der irrtümlich
für farblos gehaltenen Antike hätte die Künstler
dazu aufreizen sollen. Was besagen die
Wilhelm schmurr bildnis wenigen farbigen Terrakotten und Holz-

Große Berliner Kunstausstellung Skulpturen gegenüber der großen Menge

weißer Marmorbilder und dunkler Bronzen?
mit dem Vordringen der christlichen Welt- Etwa der Uzzano? Oder die hl. Magdalena
anschauung unter den römischen Kaisern, Donatellos? Und wie viel bedeuten sie in
deren Bildnisse an Stelle
der gemalten die einge-
ritzten Augensterne und
-brauen aufweisen. Ob
ein tieferer, ursächlicher
Zusammenhang vorliegt,
das soll hier nicht als
sicher hingestellt werden.

Mag man aus den er-
wähnten Umständen das
Verschwinden der bun-
ten Plastik immerhin
einigermaßen begreifen
können, so erscheint es
dagegen unerklärlich, daß
in der Renaissance die
Farbigkeit nicht wieder
als eine Forderung auf-
gestellt wurde. Es soll
hier nicht die Rede sein
von den Majoliken und
etlichen Madonnenre-
liefs, welche sich der
Farbe als eines schönen
Wirkungsmittels bedie- fritz thaulow f Postkutsche bei beaulieu

nen ; die Majolika mochte Große Berliner Kunstausstellung

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