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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

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Schmid, Max: Die Internationale Kunstausstellung Brüssel 1910
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https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0100

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DIE INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNG BRÜSSEL 1910

EMILE MOTTE FRIEDE

Internationale Kunstausstellung Brüssel 1910

großen Stadtpanoramen. Und wie erfreulich
istdie Sicherheit, mit der Urguiola das spitzen-
besetzte, blumendurch wirkte, orangefarbene
Kostüm der eleganten Kurtisane (Maya Madri-
lena) auf die Leinwand hinschreibt. Ohne
Velasquez wäre das wohl nicht denkbar, aber
es wird nicht kopiert, sondern nachgefühlt.
Die stärkste Persönlichkeit ist ohne Zweifel
Valentin de Zubiaurre, dessen in wuchtigen
grüngoldenen Tönen hingeschmetterte Meister-
werke von früheren Ausstellungen wohl be-
kannt sind (Abb. S. 9,^).

Italien hat in der Weltausstellung in wirklich
beschämender Fülle und Scheußlichkeit Hun-
derte seiner lächerlichen, zuckersüßen Marmor-
gruppen und Marmorpuppen ausgestellt.

Diese Fabrikware findet nun leider ihrGegen-
stück in vielen Bildern der italienischen Ab-
teilung im Cinquantenairepalast. Kaum, daß
ein Ettore Tito oder ein Aristide Sartorio
das Niveau etwas heben. Man scheint auch
diese Kunstausstellung in Italien mehr vom
Standpunkt des Bilderhändlers gewertet zu
haben, der auf Reisepublikum spekuliert.

Dafür erblüht uns noch ein kleiner Freuden-
strauß in dem russischen Saale. Es sind die
Jungen, die hier zu Worte kommen, die An-

hänger der modernsten Pariser Bewegung.
Außerordentliche Talentproben in der spek-
trischen Zerlegung und der Intensitätssteigerung
der Farbe legen diese jungen „Synthetisten"
hier ab. Der Kürbis, den der noch in Paris studie-
rende Varkhoff uns vorsezt, ist ein Meister-
stück genial verstandener moderner Farben-
theorien. Auch in der Wahl der Motive zeigt
sich zuweilen eine fast verblüffende Originalität.
Ich erinnere an die prähistorische Landschaft
von Nicolaus Millietti, an den Terror antiquus
vonL. Bakst (Abb. S. 86). Im Vordergrunde die
feierlich starre Venusgestalt mit ihrem rätsel-
haften archaischen Lächeln, im Hintergrund,
von flammenden Blitzen erleuchtet, das fels-
umsäumte Meer mit Städten und Tempeln.

Wie eifrig diese noch unverbrauchten Slaven-
künstler neue Motive, neue kulturelle Er-
scheinungsformen aufspüren und ausnützen,
ergibt sich aus den Studien von Mitislaw Dobu-
ginski, der die Londoner Tower-Bridge und
andere Eisenbrücken darstellt. Es ist ein Ver-
ständnis für die Bedeutung des Eisens darin,
wie es kein anderer moderner Maler bisher
offenbarte, wie man es nur dem Ingenieur zu-
trauen sollte.

Die vorstehende Aufzählung ist natürlich

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