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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

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Berger, Ernst: Goethes Farbenlehre und die modernen Theorien
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https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0152

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GOETHES FARBENLEHRE UND DIE
MODERNEN THEORIEN

Von Ernst Berger

■pin Jahrhundert ist verflossen, seit Goethe
•L' in dem 1810 erschienenen „Entwurf zur
Farbenlehre" mit seinen Untersuchungen über
das Wesen der Farben an die breitere Oef-
fentlichkeit trat. Nachdem er sich durch immer
wieder von neuem vorgenommene Studien auf
dem Gebiete der Optik mit dem Thema ge-
nügend vertraut gemacht, sowohl die Beschaf-
fenheit der Farben und ihr Verhältnis zum
Licht, von der physikalischen, physiologischen
und selbst auch von der chemischen Seite aus
studiert, mit großem Fleiße und mit Aufwand
wissenschaftlicher Ameisenarbeit die geschicht-
lichen Belege gesammelt hatte, glaubte er den
Zeitpunkt für gekommen, gegen die ihm falsch
scheinende Newtonsche Theorie mit aller ihm
zur Verfügung stehenden Beredsamkeit Stel-
lung zu nehmen.

Die gelehrte Welt hatte wohl längst der
Newtonschen Theorie von der Zerlegbarkeit
des weißen Lichtes in die sogenannten spek-
tralen Farben in allen Konsequenzen beige-
stimmt als einer feststehenden, mathematisch
und physikalisch bewiesenen Tatsache. Aber
Goethe fühlte die Kraft in sich, an der Hand
der von ihm näher untersuchten „Phänomene"
der Newtonschen eine neue Theorie entgegen-
zusetzen und er erklärte:

/. „Das Licht ist nicht aus Farben'zusammenge-
setzt, sondern das einfachste, unzerlegteste, ho-
mogenste Wesen, das wir kennen.

2. Jedes Licht, das eine Farbe angenommen hat,
ist dunkler als das farblose Licht; das Helle
kann nicht aus der Dunkelheit zusammengesetzt
werden.

3. Inflexion, Refraktion, Reflexion sind Bedin-
gungen, unter denen wir oft Farbenerscheinun-
gen sehen, aber sie sind mehr Gelegenheit
zur Erscheinung als Ursache derselben.

4. Es gibt nur zwei reine Farben, Blau und Gelb,
eine Farbeneigenschaft, die beiden zukommt,
Rot, und zwei Mischungen, Grün und Purpur.
Das übrige sind Stufen dieser Farben oder un-
reine.

5. Weder aus den apparenten Farben kann farb-
loses Licht, noch aus farbigen Pigmenten ein
weißes zusammengesetzt werden. Alle aufge-
stellten Experimente sind falsch oder falsch an-
gewendet.

6. Die apparenten Farben entstehen durch Modifi-
kation des Lichts durch äußere Umstände. Die
Farben werden am Licht erregt, nicht aus
dem Lichte entwickelt. Hören die Bedingungen
auf, so ist das Licht farblos wie vorher, nicht
weil die Farben wieder in dasselbe zurück-

kehren, sondern weil sie cessieren. Wie der
Schatten farblos wird, wenn man die Wirkung
des zweiten Lichts hinivegnimmt."

Man erkennt aus diesen schon 1793 an
Jakobi mitgeteilten Grundprinzipien den später
im „didaktischen" und im „polemischen" Teil
seiner Farbenlehre eingenommenen Standpunkt.
Goethe schließt sich hier der altbekannten Theo-
rie der drei Grund- oder Primär-Farben und
den aus diesen zu mischenden Sekundär-Farben

P. PÖPPELMANN WEIBLICHE FIGUR

Erste Aasstellung der Künstlervereinigung Dresden

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