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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

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Von Ausstellungen und Sammlungen
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Wolf, Georg Jacob: Jean-Baptiste Isabey
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https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0238

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JEAN-BAPTISTE ISABEY — NEUE KUNSTLITERATUR

seine Temperatechnik ins Miniaturfeine wendet. Die
Pastelle aus Wald und Tal von Adolf Gross, die
farbig originellen Impressionen von August Roth
und Ludwig Kuba, Landschaftliches ferner noch
von A. D.Goltz, W.Wodnansky, Wilhelm Legler,
Otto Barth führen durch die Heimat und in die
Fremde. Vereinzelt ist das Porträt durch Lino Vesco,
das Figurale durch Hugo Böttinger (Prag) vertreten.
Wie sehr Franz Barwig als Bildhauer das Material
zu behandeln versteht, zeigt er wieder in kleinen Bron-
zen, Tiere darstellend, und aus Holz geschnitzten und
diskret bemalten Bauerntypen. Die Graphik hat in allen
Techniken Vorzügliches aufzuweisen; einen farbigen
Holzschnitt von Rudolf Junk („Das Goethehaus in
Weimar"), Porträtzeichnungen von Gino Parin (Mün-
chen), Lithographisches von Viktor Stretti (Prag),
Monotypien von dem Radierer Ferdinand Michl,
eine Serie radierter Prager Ansichten von Franz Si-
mon, neben dessen Meisterschaft die Blätter von Ja ro-
mir Stretti-Zamponi noch unsicher erscheinen. k.

JEAN-BAPTISTE ISABEY

TSABEY ist keiner von den Großen der franzö-
* sischen Kunst. Er hat nicht die fortwirkende
Kraft eines Gericault, eines Delacroix und anderer
Zeitgenossen. Er ist eine in sich abgeschlossene
Erscheinung, über die hinaus es keine Entwicklung
gibt. Denn er ist Spezialist, und Spezialitäten auf
dem Kunstgebiet sind nie entwicklungsfähig, lsabey
ist der Meister des Miniaturbildnisses. Die schönen
Frauen und eleganten Chevaliers des Zeitalters
Louis Seize, die Bürger und Bürgerinnen der Revo-
lution und des Direktoire, die neue Aristokratie des
Empire und die etwas nüchternen Erscheinungen
des Zeitalters der Restauration hat lsabey im Laufe
seines langen Lebens (1767—1855) treffend und zier-
lich auf Elfenbein gemalt. Durchblättert man das
wundervolle Werk,*) das Madame De Basily ■ Cal-
limaki kürzlich dem Künstler gewidmet hat und
das überreich mit den schärfsten Gravüren aus-
gestattet ist, so steht lsabey in der Hauptsache und
entscheidend als Miniaturist vor uns . . . Napoleon [.
scheint den Künstler besonders geschätzt zu haben,
und auch lsabey hat es offenbar immer wieder zu
dem Imperator hingezogen. Außer ihm die pikante
Josephine, die recht bürgerlich dreinblickende, ein biß-
chen fette Marie-Louise, die amouröse Marschallin
Lannes, die geistreiche Madame de Stael, die phan-
tastische Hortense, die rührende Knabengestalt des
Herzogs von Reichstadt, den romantischen Prinz
Augustvon Preußen, dencondottierehaften Marschall
Ney und andere illustre Persönlichkeiten — sie alle
haben in lsabey ihren Porträtisten gefunden und zwar
wahrscheinlich ihren getreuesten, ihren photogra-
phischsten, denn ihn hat ersichtlich mehr das Ob-
jekt seiner Kunst interessiert als irgendwelche male-
rischen Probleme. — Uebrigens erschöpft sich, wie
uns Madame de Basily - Callimaki lehrt, Isabeys
Tätigkeit nicht in der Miniaturmalerei, wenn sie
auch jenes Gebiet ist, dem er seinen Ruhm ver-
dankt, lsabey war nämlich überdies in mancherlei
Hinsicht kunstgewerblich tätig: er entwarf Möbel
für Napoleon, war Maler in der Porzellanmanufak-
tur zu Sevres, Dekorateur der Oper und der Auf-
führungen bei Hof. Außerdem existieren von ihm
eine Reihe von Gruppenbildern höfischer Art; schil-
derte er auch nicht wie David die großen Momente,

*) j.-b. lsabey, sa vie — son temps. Suivi du catalogue de l'ceuvre
gravee par ei d'apres lsabey. 300 Fr. Paris, Frazier-Soye.

die sozusagen historischen Akzente in Napoleons
Leben, so hielt sein zärtlicher Pinsel doch die idyl-
lischeren Erlebnisse des Kaisers fest, er begleitet
den Kaiser ins Privatleben und zeigt ihn uns in
seinem Garten zu Malmaison, beim Besuch einer
Weberei in Rouen etc. Auch den „Wiener Kongreß«
hat lsabey gemalt — er war zu diesem Zweck nach
Wien berufen worden. Uebrigens brachte lsabey aus
Wien eines der feinsten Sittenstücke mit heim, die ich
kenne; es ist ein äußerst charakteristisches Straßen-
bild : Das Cafe „Zur Stadt Pest" in der Leopoldstadt. —
Madame de Basily-Callimaki, der wir die Wiederbe-
lebung und strotzende Verlebendigung Isabeys ver-
danken, weiß auch sonst in ihrem Werk über Leben,
Kunst und Zeit Isabeys so anmutvoll und wohlunter-
richtet zu sprechen, daß das äußerst kostbare Werk
nicht nur für den Kunst- und Geschichtsforscher eine
Fundgrube, sondern auch für den harmlos Genießen-
den einen Quell der Ergötzlichkeit bildet, g.j. w.

NEUE KUNSTLITERATUR

Weisbach, W. Impressionismus. Ein Problem
der Malerei in der Antike und Neuzeit. L Bd. 15 M.
Berlin, 1910. G. Grotesche Verlagshandlung.

Was ist nicht über den „Impressionismus", seit-
dem er — sehr selbstbewußt allerdings und mit
starken Ansprüchen — in den letzten Jahrzehnten
des vorigen Jahrhunderts in der Malerei auftrat, ge-
spottet und gescholten worden. Und nun kommt
hier Einer und weist denen, die sehen und hören
wollen, nach, daß das eigentlich nichts Neues war,
daß man impressionistisch gemalt hat, so lange wir
eine ihrer Mittel und Ziele bewußte Malerei an
ihren Leistungen rückwärts verfolgen können. „Der
Impressionismus ist die letzte Stilschöpfung helle-
nischen Kunstgeistes." Das hätten sich die Eiferer
gegen diese künstlerische Richtung wohl nicht träu-
men lassen — aber es ist so: in den Wandmalereien
Pompejis und Roms ist der Impressionismus einfach
künstlerische Tatsache, und die Sicherheit und Be-
wußtheit in der Handhabung seiner Stilgesetze, wie
sie in den Odyssee-Landschaften vom Esquilin zutage
treten, belehrt uns, daß hier das Resultat einer län-
geren Entwicklung vorliegt. In der nachantiken
Kunst bricht die Tradition zunächst ab. „Das Mittel-
alter steht dem impressionistischen Problem
gänzlich fern." Dann aber taucht es in der Re-
naissance empor, um nun durch die Jahrhunderte
weiter zu wirken. Tizian und Tintoretto, Greco und
Velazquez, Hals und Rembrandt kommen, jeder
von sich aus und in eigener Entwicklung zur im-
pressionistischen Ausdrucksweise, im 18. Jahrhundert
wirkt sie sich in Goya mit gespannter Energie aus,
um dann am Klassizismus des 19. Jahrhunderts zu
scheitern. Seine Tyrannei zu brechen trat der jüngste
Impressionismus, und dieser naturgemäß in kampfes-
froher Stimmung auf den Plan. — Diese Entwick-
lung wird von Weisbach mit sensitivster Einfühlung
in das Milieu der künstlerischen Epochen und der
sie führenden Geister geschildert. Es ist eine Art Ge-
schichte der Malerei, unter dem Gesichtswinkel des
Impressionismus betrachtet, und das Gefühl für
dessen in immer erneuten Impulsen unerschöpflich
treibende Kraft wird dem Leser des Weisbachschen
Buches mit unwiderstehlicher Eindringlichkeit sug-
geriert. Damit ist zugleich für die Klärung der Be-
griffe über das Wesen der Malerei und die Bildung
von Anschauungen über die künstlerischen Erschei-
nungen der neuesten Zeit vorgesorgt. p. h.

Redaktionsschluß: 24. Dezember 1910 Ausgabe: 12. Januar 1911

Herausgeber: F. Schwärtz. Für die Redaktion verantwortlich: P. Kirchgraber. — Druck und Verlag von F. Bruckmann A.-G.

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