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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

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Brosch, L.: Ettore Tito
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Wolf, Georg Jacob: Münchner Kunstschau
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Zur römischen Kunstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0362

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MÜNCHNER KUNSTSCHAU — ZUR ROMISCHEN KUNSTAUSSTELLUNG

nung störend wirkt mit seinen späteren
Schöpfungen.

Auch als Plastiker hat sich Tito zuweilen
hervorgetan und durch die völlige Beherrschung
der Form überrascht.

Unter den Schilderern Venedigs nimmt Tito
ohne Zweifel die erste Stelle ein; das Volk,
Luft und Licht der Stadt an der Adria, das
Meer selbst und die Lagune haben in ihm
einen Interpreten ohnegleichen gefunden. Möge
er uns noch lange davon erzählen.

MÜNCHNER KUNSTSGHAU

Julius Diez wird unter der Rubrik „Stilisten" ge-
führt, weil seine Kunst, graphische wie malerische,
keine getreue Abschrift des Lebens und der Wirklich-
keit ist, sondern sozusagen um die Wirklichkeit ihre
besonderen barocken Schnörkel zieht. Sei's drum:
Man lerne an Julius Diezens Beispiel endlich erkennen,
daß Wirklichkeit und Kunst wenig genug mitsammen
zu tun haben können, ohne daß die Kunst an Be-
deutung verliert. Sieht man sich die elf neuen
Werke des Künstlers in der 'Modernen Kunsi-
handlung< an, so ist man voll Entzücken. Aller-
dings — das ist nicht das Leben, aber es ist der
grüne Kranz, der das Leben schmückt. Selige
Heiterkeit dehnt sich aus, und sie entspringt nicht
nur den Motiven, die von Fabelwesen und Märchen-
zauber künden, sondern fast mehr noch der male-
rischen Art, dem Ausdruck, wenn man will: dem
Stil, den die Motive unter Diezens Pinsel fanden.
Es ist etwas von Rokoko-Grazie, es ist ein Schuß
Mozart in dieser Kunst. Man empfindet ihre Zart-
heit, die doch nichts mit Gebrechlichkeit zu tun
hat, besonders nachdrücklich, wenn man sich hernach
zu Feldbauers pinselwuchtigen Malereien begibt,
die an nämlicher Stelle zu sehen sind. Groteske
Kraft, ein wahrer Zorn auf alles Weiche und Flüssige
und landläufig „Schöne" scheint diesem tempera-
mentvollen Künstler ins Herz geträufelt zu sein.
Sein Ausdruck wird von Jahr zu Jahr herber und
derber, und man fragt sich: Wo will das enden?
Sind hier noch Probleme oder herrscht künstlerische
Anarchie? Ich lasse die Frage offen und begnüge
mich mit der Konstatierung, daß Feldbauer auch
für den Fall, daß man seine Kunst ablehnt, Anspruch
auf das Prädikat eines ungewöhnlich starken Könners
machen darf. Kley, den man ebenfalls in der
„Modernen Kunsthandlung" mit einer Kollektion
trifft, ist einer der wunderlichsten Illustratoren
unserer Zeit. Er fabuliert von einer gigantischen
Riesenwelt, aber sein zeichnerischer Stil hat nichts
Absurdes, er ist verblüffend gegenständlich, und der
Künstler selbst ist durch und durch Realist, diese
Mischung gibt den besonderen Einschlag in Kleys
Kunst. — Max Liebermann, der lange Jahre den
Münchnern grollte, hat sich nun nach einer allzu
reichlich bemessenen Pause doch wieder bei uns
eingestellt: eine Kollektion von ihm füllt den großen
Oberlichtsaal bei Thannhauser. Altes und Neues,
Vertrautes und Unbekanntes umschließt die Serie
der zweiunddreißig Werke. „Die Kartoffelernte", das
„Küchenstilleben mit Selbstporträt", der „Bauern-
hof am Wasser", die alten bräunlichen Studien-

köpfe, die ein wenig an unseren Wilhelm von Diez
gemahnen, das sind gute Bekannte. Sie haben in-
dessen mit dem Max Liebermann von heute nichts
zu tun. Der ist ein anderer. Ein Mann unbesorgter,
kühner Mittel. Ein harter, wilder Gestalter. „Sim-
son und Delila", eine neue Fassung dieses von
Liebermann besonders geschätzten Themas, zeigt
uns seine Hand, wie sie heute ist. Und da ver-
gleiche man! Es ist kaum zu glauben, daß das
Küchenstilleben und dieses Figurenstück vom glei-
chen Künstler stammen. Welche Entwicklung,
welcher Umschwung, welche Anregungen und Er-
kenntnisse! Dreißig Jahre deutscher Malerei, kri-
stallisiert im Werk eines ihrer Führer, — wie haben
sie uns in der Möglichkeit technischen Ansdrucks
vorwärts gebracht! Wir können uns heute in dieser
Hinsicht getrost neben Frankreich stellen. Daß es
so ist, danken wir Liebermann und den Gleich-
gestimmten seiner Generation. Was wir durch diese
Meister geworden sind, das erstreben andere Nationen
erst noch — und ich glaube zu bemerken, daß von
all diesen Nachstrebenden Spanien auf dem besten
Weg ist. Es hat alten Kulturboden und große Vor-
bilder der Kunst, Tradition mit einem Wort, aber
auch rassiges Temperament, das vor blassem Epi-
gonentum schützt. Farbe, Sonne, Hitze sind drei
wertvolle nationale Faktoren der spanischen Kunst.
Die Ausstellung jung-spanischer Malerei in der
Galerie Heinemann gibt allen erdenklichen Hoff-
nungen Raum; sie bestätigt, was uns die Ausstel-
lungen der Spanier in München 1909, in Brüssel
und Venedig 1910 schon verrieten: hier ist eine
Kunst, die sich auf das Volkstum stützt. Und eine
solche Art der Kunst hat Zukunft. Zuloaga und
Anglada sind heute schon Werte von internationaler
Bedeutung. Bald wird man mit gleichem Respekt
den Namen der Brüder Zubiaurre und den des
Cubells y Ruiz aussprechen. Und hinter diesen
stehen schon wieder neue, frische Kräfte, Rekruten
der Kunst. Das sieht verheißungsvoll aus. Hier
will etwas werden. . . g. j. w.

ZUR RÖMISCHEN KUNSTAUSSTELLUNG

Im Bereiche der ehemaligen Vigna Cartoni zwi-
* sehen Villa Papa Giulio und Villa Borghese
herrscht emsige Arbeit. Eine kleine Stadt wächst
dort aus dem Boden mit Gebäuden jeder Art, und
da und dort flattern schon die Fähnchen von den
Giebeln der Ausstellungspavillons der einzelnen
Nationen.

Die Ausstellung „soll" Ende März eröffnet wer-
den, aber es gehören Heinzelmännchen dazu, wenn
alles zum richtigen Termin fertig sein soll. Der
stattlichste Bau ist selbstverständlich der „Palazzo
delle belle arti", den Italien für seine Künstler, für
besonders geladene Ausländer und für diejenigen
Staaten bestimmt, die von dem Bau eigener Pavillons
absehen. Das Gebäude wird auch nachher stehen
bleihen und als moderne Kunstgalerie dienen.
Deutschland, Frankreich, England, Rußland, Bel-
gien, Serbien, Spanien, die Vereinigten Staaten und
Japan haben, wie bekannt, sämtlich eigene Pavillons,
wovon die meisten fast vollendet sind. Nur Spanien
und Nordamerika sind noch zurück, so daß diese
beiden Staaten wohl kaum in einem Monat bereit
sein können. Von den auszustellenden Kunstwerken
sind die meisten völlig neu, wenigstens für Italien.
Deutschland, dessen Kommissär bekanntlich Artur

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