Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911
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Ein Protest deutscher Künstler
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„EIN PROTEST DEUTSCHER KÜNSTLER
JOHANNES LARSEN MARZ
schaftliches Moment: nach der Broschüre wer- Millionen Bilder eingeführt hat, und nur um
den in Deutschland nicht nur zu viele französische zwölf Millionen zur Ausfuhr bringen konnte,
Werke gekauft, sondern auch exorbitant hohe wäre eine Aufstellung, was innerhalb Deutsch-
Preise für sie gezahlt. Gewiß, das hat für die deut- lands selbst für deutsche Werke aufgewandt
sehen Künstler etwas Verstimmendes, und wir wurde. Und wohlverstanden: nicht etwa bloß bei
sehen nicht ein, warum das von den deutschen Verkäufen auf Ausstellungen und in Kunstver-
Künstlern nicht ruhig zugegeben wird. In zahl- einen, sondern auch durch den Handel, durch
reichen Zuschriften an Vinnen wird aber von Staatsaufträge, gelegentlich freihändigen Kaufs
Kollegen, die ihm ihre Zustimmung zu seinem im Atelier, bei Auktionen usf. Ob da die
Protest geben, gerade gebeten, doch „möglichst Summe von zwanzig Millionen, von denen
nur das ideelle Gebiet zu berühren, damit unser übrigens nur die überraschend niedrige Zahl
Protest nicht als Brotkorbpolitik aufgefaßt wer- von 2,7 Millionen auf Frankreich entfällt, nicht
den könnte". Sehr vernünftigerweise hat sich in- doch weit überboten wird? Und dann, haben
dessen Vinnen darauf nicht eingelassen. „Das nicht auch unsere deutschen Meister sehr gute
Ideelle mag der einzelne hochhalten", sagt er, Preise! Wie hoch steht Böcklin, steht Menzel,
„und möchten deutsche Künstler stets so vor- steht Leibi, um nur einige Beispiele zu nennen,
nehm denken! Aber für die Gesamtbeurteilung im kunsthändlerischen Kurs! Leibi hat schon
der Frage ist das Materielle so lange nicht auszu- bei Lebzeiten und in verhältnismäßig jungen
scheiden, als der Künstler des Lebens Notdurft Jahren Preise erhalten wie sie für die besten
genau so wie jeder andere Sterbliche unterwor- Franzosen erst nach ihrem Tode oder nach ihrer
fen ist." Wie es in dieser Hinsicht bestellt ist, allgemeinen Anerkennung bezahlt wurden. Das
beweist uns Vinnen mit Ziffern. Das Resultat Bild „In der Kirche", das der Pariser Kunst-
dieser Zahlen ist, daß Deutschland auf dem Ge- händler Goupil absolut kaufen wollte, war Leibi
biete der Malerei mehr Einfuhr als Ausfuhr hat. nicht unter 100000 Franken feil . . .
Damit ist nun freilich nur ein Teil der Frage Doch zurück zu den von Vinnen zwar nicht
beleuchtet. Denn wichtiger als zu erfahren, daß beanstandeten, aber indirekt bedauerten Preisen
Deutschland im Jahre 1909 um etwa zwanzig für die Franzosen! Es ist richtig: als jüngst
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JOHANNES LARSEN MARZ
schaftliches Moment: nach der Broschüre wer- Millionen Bilder eingeführt hat, und nur um
den in Deutschland nicht nur zu viele französische zwölf Millionen zur Ausfuhr bringen konnte,
Werke gekauft, sondern auch exorbitant hohe wäre eine Aufstellung, was innerhalb Deutsch-
Preise für sie gezahlt. Gewiß, das hat für die deut- lands selbst für deutsche Werke aufgewandt
sehen Künstler etwas Verstimmendes, und wir wurde. Und wohlverstanden: nicht etwa bloß bei
sehen nicht ein, warum das von den deutschen Verkäufen auf Ausstellungen und in Kunstver-
Künstlern nicht ruhig zugegeben wird. In zahl- einen, sondern auch durch den Handel, durch
reichen Zuschriften an Vinnen wird aber von Staatsaufträge, gelegentlich freihändigen Kaufs
Kollegen, die ihm ihre Zustimmung zu seinem im Atelier, bei Auktionen usf. Ob da die
Protest geben, gerade gebeten, doch „möglichst Summe von zwanzig Millionen, von denen
nur das ideelle Gebiet zu berühren, damit unser übrigens nur die überraschend niedrige Zahl
Protest nicht als Brotkorbpolitik aufgefaßt wer- von 2,7 Millionen auf Frankreich entfällt, nicht
den könnte". Sehr vernünftigerweise hat sich in- doch weit überboten wird? Und dann, haben
dessen Vinnen darauf nicht eingelassen. „Das nicht auch unsere deutschen Meister sehr gute
Ideelle mag der einzelne hochhalten", sagt er, Preise! Wie hoch steht Böcklin, steht Menzel,
„und möchten deutsche Künstler stets so vor- steht Leibi, um nur einige Beispiele zu nennen,
nehm denken! Aber für die Gesamtbeurteilung im kunsthändlerischen Kurs! Leibi hat schon
der Frage ist das Materielle so lange nicht auszu- bei Lebzeiten und in verhältnismäßig jungen
scheiden, als der Künstler des Lebens Notdurft Jahren Preise erhalten wie sie für die besten
genau so wie jeder andere Sterbliche unterwor- Franzosen erst nach ihrem Tode oder nach ihrer
fen ist." Wie es in dieser Hinsicht bestellt ist, allgemeinen Anerkennung bezahlt wurden. Das
beweist uns Vinnen mit Ziffern. Das Resultat Bild „In der Kirche", das der Pariser Kunst-
dieser Zahlen ist, daß Deutschland auf dem Ge- händler Goupil absolut kaufen wollte, war Leibi
biete der Malerei mehr Einfuhr als Ausfuhr hat. nicht unter 100000 Franken feil . . .
Damit ist nun freilich nur ein Teil der Frage Doch zurück zu den von Vinnen zwar nicht
beleuchtet. Denn wichtiger als zu erfahren, daß beanstandeten, aber indirekt bedauerten Preisen
Deutschland im Jahre 1909 um etwa zwanzig für die Franzosen! Es ist richtig: als jüngst
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