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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 26.1910-1911

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Rahl, Carl: Briefe von Carl Rahl aus den Jahren 1844-1850, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.13089#0480

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BRIEFE VON CARL RAHL AUS DEN JAHREN 1844—1850

Carl Rahl, am 13. August 1812 zu Wien geboren, war der Sohn des aus Heilbronn im Württem-
bergischen eingewanderten, zu seiner Zeit berühmten Kupferstechers Carl Heinrich Rahl. Von seinem
Vater, der ihn vor dem unsicheren Dasein eines Künstlers bewahren wollte, zum Kaufmann bestimmt,
besuchte er mit Erfolg eine Realschule. Des Sohnes ungemeines Zeichentalent bewog endlich den
zögernden Vater, dem beharrlichen Drängen nachzugeben und Carl das Studium der Malerei zu er-
lauben. Nach einem Jahre vorbereitenden Studiums der Anatomie im Hause seines Vaters, ließ sich
Rahl in die Akademie der bildenden Künste zu St. Anna einschreiben, wo die von Füger angeregte
klassizistische Richtung noch immer nachwirkte. Mit Vehemenz und andauerndem Eifer widmete
Carl Rahl all seine Junge Kraft der neuen Arbeit. Seine Mitschüler nannten ihn spöttisch den
ywilden Tizian*-. Erst 19 Jahre alt, erwarb er den Reichelpreis, doch wurde ihm wegen seiner Ju-
gend nicht gestattet, die Vorteile des Preises, den Studienaufenthalt in Rom, zu genießen. Der Ver-
druß über diese engherzige und kleingeistige Maßregel hielt ihn jedoch nicht ab, mehrere große
Gemälde, darunter das in der Piaristenkirche zu Wien befindliche Altarbild, auszuführen, worauf er
Deutschland bereiste. Er hielt sich in München auf und verkehrte da mit Schaller und Schwind,
besuchte dann Stuttgart, wo er die Bildnisse von Justinus Kerner, Lenau, Schwab und anderen malte.
Am 5. Dezember 1836 traf er in Rom ein, das er bald als seine zweite Heimat betrachtete. Nur
vorübergehend kam er nach Wien, wo mittlerweile sein Name durch die daselbst aasgestellten Werke
bereits ein gefeierter, wenn auch von einzelnen geschmähter, geworden war. 1843 kam Rahl nach
Wien, um seinen Vater zu begraben. Nachdem er seine häuslichen Angelegenheiten geordnet hatte,
kehrte er, entgegen dem Wunsche seiner Wiener Freunde, unverzüglich wieder nach Rom zurück.
Aus dieser Zeit ist der erste, der nachstehend veröffentlichten Briefe datiert, die sämtlich an seinen
Jugendfreund und Akademiekollegen Josef Haßlwander (Wien 7. VIII. 1812 — 3. VIII. 1878) gerichtet
sind, der als Professor für Zeichnen an Wiener Realschulen sehr verdienstlich wirkte und dessen Sohn
Professor Friedrich Hasslwander die Briefe bewahrt.

Wenngleich ein Wiener, mußte Rahl in seiner kraftvoll männlichen Sonderart den Wienern fremd
erscheinen. Seine ungewöhnliche Begabung blieb von ihnen nicht unerkannt, war sie doch auch nicht
leicht zu übersehen und zu verkennen; aber sie war für den Zeitgeschmack zu ungebärdig. Nur
die Jugend, die leicht entflammte und leicht empfängliche, war von Anfang an für ihn. Seine Schüler
liebten ihn geradezu abgöttisch, wie eben die Jugend in natürlicher Abneigung gegen das Philiströse,
als das ihr auch oft und leicht die geruhige Gelassenheit erscheint, titanische Naturen zu lieben
vermag.

Beharrliche, jahrelange Bemühungen treuer Freunde hatten es schließlich bewirkt, daß Rahl eine
Berufung an die Wiener Kunstakademie erhielt. So sehr ihn aber auch die Treue und Bewunde-
rung seiner Freunde und die Liebe seiner
Schüler freute, war er doch mehr als einmal
nahe daran, von seinem Posten abzutreten.
Er konnte sich nicht dazu verstehen, jene Kon-
zessionen zu machen, die ihm daheim einen
durchschlagenden Erfolg verbürgt hätten, und
klagte außerdem, daß ihm die Betätigungs-
gelegenheiten für sein Talent nicht geboten
würden. Erstnachdem er im Ausland (Griechen-
land) große monumentale Malereien ausgeführt
hatte, wurde er auch in Wien mit solchen be-
traut. Die Sehnsucht nach Rom blieb ihm bis
zum Tode.

Rom, den 15. August 1844
Theuerster Freund!
Du wirst mir schon manche Vorwürfe für
meine Undankbarkeit im Stillen gemacht haben;
doch glaube sicher,sie waren unbegründet. Nach-
dem mein Vater dahin ist, so weiß ich nichts
mehr von meinem Vaterlande, und doch inter-
essiert mich beinahe nichts mehrals selbes, be-
sonders von der Ferne. Ich danke dir vielmals
für deine gütigen Nachrichten und bedauere
nur, von dir und deinem Treiben so wenig er-
fahren zu haben. Es war ein trauriges Wieder-
sehen, ich hoffe, wir wollen in einiger Zeit
ein heiteres erleben. Du hast ja mein Da-
guerreotyp gesehen und auch höchst wahr-
scheinlich gehört, was Andere darüber ge- u v. stubenrauch carl rahl und
äußert. Lieber Freund, wenn du nur Ein jos.hasslwander

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