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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 34.1918-1919

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Voss, Hermann: Hans Meid als Zeichner
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https://doi.org/10.11588/diglit.13748#0258

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HANS MEID PARK IN SÜDENDE

HANS MEID ALS ZEICHNER

Meid ist durch seine radierten Blätter —
Zyklen und Einzelarbeiten—mehr und mehr
in den Kreis der wenigen in sich selbst ruhen-
den künstlerischen Persönlichkeiten getreten,
mit denen wir heute in Deutschland und jen-
seits aller Augenblicksströmungen und Zufalls-
größen, als gegebenen, festen Faktoren zu rech-
nen haben. Es ist nur natürlich, daß sich das
allgemeine Interesse, das seinem Schaffen ent-
gegengebracht wird, auch seinen Zeichnungen
zuwendet, die man in der Tat kennen muß, will
man den Radierer Meid in seinen Ausgangs-
punkten vom Objekt verstehen lernen. Der Ge-
nuß, den man bei der Durchsicht Meidscher
Zeichnungen hat, ist dem Wesen nach ein ähn-
licher, wie ihn die prägnant hingeschriebenen
Skizzen Liebermanns oder die Impressionen
Slevogts vermitteln. Auch Meid wurzelt in der
Naturanschauung des Impressionismus; ihm
ist das Leben, die Bewegung, die momentane
atmosphärische Stimmung seiner Motive we-
sentlich für die künstlerische Absicht. Und gleich

allen geborenen Zeichnern weiß er das, worauf es
ihm ankommt, in einer selbsterworbenen, per-
sönlich wirkenden Faktur so hinzustellen, daß
darin auch der zauberhafte Reiz einer eigenen,
geistreich-lockeren Handschrift zum vollen Aus-
druck gelangt.
Meids Motive, mögen es nun Partien aus
Wäldern oder parkähnlichen Anlagen, mögen
es Impressionen der Großstadt oder südliche
Reiseeindrücke sein, bleiben niemals totes Ob-
jekt, nie unbeseelte Abschrift der Natur. Das
Szenische einer bestimmten Situation ist darin
so stark empfunden, daß die Phantasie des
Beschauers nicht weit zu schweifen hat, um
unter den Arkaden irgendeines italienischen
Platzes den Schauplatz des „Othello“ und im
dichten Gesträuch eines beliebigen Tiergarten-
ausschnittes das verliebte Getändel eines „Don-
Juan“-Abenteuers herauszuwittern. Ein Freund
der Meidschen Kunst, der augenscheinlich Wir-
kung und Ursache nicht klar voneinander zu hal-
ten wußte, äußerte einmal die Ansicht, diese prä-

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