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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 34.1918-1919

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Wolf, Georg Jacob: Zu Hugo von Habermanns siebzigstem Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.13748#0357

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Phot. H. Traut, München

ZU HUGO VON HABERMANNS SIEBZIGSTEM GEBURTSTAG

Hugo von Habermann, Akademieprofessor
und Erster Präsident der MünchnerSecession,
wird am 15. Juni siebzig Jahre alt. Diese Tat-
sache wird viele, die Habermanns Schaffen der
letzten Jahre verfolgten, überraschen: es dürfte
sich nicht so leicht wieder ein Künstler finden,
der an solcher in der Qualität der Leistung
exponierter Stellung bei diesen Jahren in glei-
cher Weise aufgelegt wäre zu Experimenten
und zum Auswirkenlassen aller inneren Kräfte.
Der Weg, den Habermann zurücklegte, bis er
zur Entwicklungsstation des letzten Jahrfünfts
gelangte, ist ein weiter. Er führt aus dem
alten Unsiebener Schloß auf die Münchner Pa-
gerie, an die Universität und im Jahre 1870
in den Feldzug. Von da weg fand Habermann
nicht mehr den Weg zu den Pandekten zurück.
Nach kurzer Vorbereitungszeit bei Hermann
Schneider bezog er die Münchner Akademie,
wo er bei Piloty landete. Es gibt prächtige
Bilder und Studien Habermanns aus dieser Früh-
zeit, kühn in der Palette und von höchster
Mannigfaltigkeit in der koloristischen Gesamt-
haltung: Arbeiten, die auch innerhalb der Pi-
loty-Schule etwas ganz Unerhörtes darstellen.
Einige dieser Werke wußte sich die Münchner
Secessionsgalerie zu sichern. Mit dem eksta-
tisch gemalten Bildnis eines asketischen Mön-

ches in der Münchner Pinakothek klingt diese
Periode ab. Das „Sorgenkind“, ein monumen-
tales Milieubild, gehört schon dem folgenden
Stadium der Entwicklung des Künstlers an.
Immer mehr wurde er in der Folge der Maler
der Dame. Nicht als ein schwärmerischer Page,
denn er huldigt nicht dem landläufigen Schön-
heitstypus, sondern er liegt mit der Frau, die
er in ihrem pikant-rassigen Typus am meisten
schätzt, gewissermaßen in unaufhörlicher Fehde,
indem er bis an die Bezirke des Karikierten
streift, namentlich in seinen Pastellen. Seine
Kunst ist gerade bei diesen Frauenbildern zu-
weilen stark auf den Rhythmus der Linie ein-
gestellt, ein Umstand, der Kritiker, die mit einer
Individualität, wie Habermann nichts anzufan-
gen wußten, veranlaßte, ihn in einer Rubrik
„durch den Impressionismus gemäßigter Jugend-
stil“ unterzubringen, was natürlich nicht ohne
einige Lächerlichkeit ist. Namentlich in Hinblick
auf Habermanns letzte große Werke, die groß-
artige „Misericordia“ und die „Allerseelen-Vi-
sion 1917“, stimmt diese Rubrizierung gar nicht.
Habermanns Verdienste um die Gründung und
den Ausbau der Münchner Secession und seine
ausgezeichnete Lehrtätigkeit an der Münchner
Akademie schließen das Bild eines reichen, se-
genspendenden Lebenswerkes. Wolf

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